Gefährdung und Schutz der Waldeidechse

Feb 6, 2006 by     Posted under: Reptil des Jahres 2006: Die Waldeidechse

Situation in Deutschland

Die Waldeidechse ist Vielerorts anzutreffen

Die Waldeidechse ist Vielerorts anzutreffen

Bundesweit gilt die Art nicht als gefährdet. Eine Betrachtung auf der Ebene der 16 Bun­desländer zeigt jedoch, dass es Regionen gibt, in denen sich die Situation als nicht unbedenklich darstellt:
In der Hälfte der Bundesländer kann die Art zwar als „nicht gefährdet“ bezeichnet wer­den. Für die verbleibenden Länder ergeben die publizierten Roten Listen oder die ak­tuelle Einschätzung der jeweiligen Landeskenner, dass entweder eine klar erkennbare Gefährdung (Kategorie 3) vorliegt, so in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und wahrscheinlich auch Brandenburg, oder aber die Rückgänge sind so deutlich, dass die Art in die (Vor-)Warnliste aufgenommen wurde. Letzteres ist in Rheinland-Pfalz, Hes­sen und dem Saarland der Fall. Für das Saarland werden stärkere Bestandseinbußen angegeben.
Mehr Informationen über die „Rote Liste“ finden Sie unter: Artenschutz

Gefährdungsfaktoren

Diese sind sehr vielfältig, je nach den betroffenen Lebensräumen. Deren quantitative Bedeutung kann meist nicht angegeben werden; hierzu wären speziellere Untersuchun­gen erforderlich.
Im Einzelnen sind zu nennen:

  • Intensive Waldbewirtschaftung in Monokulturen, z. B. dichte Fichten- und Kiefern­stangenhölzer, generelle Aufforstung von Kahlschlägen. Kompensationskalkungen (gegen die Bodenversauerung) können zur Nährstoffmobilisierung und zum Zuwach­sen der Waldränder und -innensäume sowie der Lichtungen mit üppigen Hochstau­denfluren führen. Auch der heute oft übliche Einsatz schwerer Maschinen könnte zur Beeinträchtigung beitragen.
  • Aufforsten von Wiesentälern im Mittelgebirge.
  • Beseitigung von Saumbiotopen, z. B. Waldmänteln und vorgelagerten Streifen mit abgestufter Vegetationshöhe durch Ausdehnung der Ackernutzung (siehe Abb. 4) und Rodung von Hecken aus demselben Grund; Beseitigung niedriger Gebüschstreifen an Weg- und Grabenrändern. Saumbiotope haben einen biotopvernetzenden Cha­rakter und bilden eine wichtige Voraussetzung für den Gen-austausch zwischen den Populationen. Ihre Reduzierung trägt entscheidend zur Ausdünnung des Populationsnetzes in der Landschaft und zur Isolation der Populationen bei.
  • Gründliches Wegräumen von Totholz, Entfernen alter Weidepfähle aus Spaltholz.
  • Schematische Rekultivierung (Aufforstung) und Verfül­lung von Abgrabungen.
  • Bebuschung und Bewaldung von Schneisen, Säumen, stillgelegten Bahntrassen und   Abgrabungsflächen auf Grund natürlicher Sukzession.
  • Überbauung von Ruderalflächen im Randbereich von Städten und Dörfern sowie still­gelegter Bahntrassen.
  • Vernichtung der letzten Hochmoore durch Torfabbau. Neben der kompletten Zerstö­rung der Aufenthaltsbereiche der Waldeidechsen und ihrer Tötung durch den ma­schinellen Einsatz führt schon eine Trockenlegung zu Rückgängen durch zu starke Verbuschung und schließlich Bewaldung.
  • Auch einseitige Maßnahmen zur Moorregeneration wie z. B. Erzeugung sehr groß­flächiger Wasserflächen, vollständige Beseitigung von aufkommenden Büschen und Bäumen (Entkusselung), die Beseitigung oder Abflachung von Moordämmen, die Ni­vellierung der Oberfläche durch Mulchen können zu Einbußen in Waldeidechsen- und anderen Reptilien-Populationen führen.
  • Durch übermäßigen Düngereinsatz in von Natur aus nährstoffärmeren Lebensräu­men verschwinden Magerstandorte, Heiden vergrasen rascher, die Verbuschung wird beschleunigt. Dies führt zur zu starken Beschattung.
  • Radikales und über lange Strecken zeitgleich erfolgendes Räumen von Straßensei­tengräben und Mähen ihrer Böschungen und Straßen- bzw. Wegerandstreifen zur falschen Jahreszeit (Sommer). Der Einsatz von Schlegel- und Saugmähern ist zudem mit Verlusten bei Waldeidechsen und anderen Kleintieren verbunden.

Hinzu könnten weitere Gefährdungsfaktoren kommen, denen durch spezielle Untersu­chungen nachgegangen werden sollte, z. B.

  • Im Siedlungsbereich könnten Hauskatzen den Waldeidechsen nachstellen.
  • Wildschweine: Da deren Bestände vielerorts stark zugenommen haben und die Tiere den Boden kräftig durchwühlen, könnten hierbei ruhende, z. B. überwinternde Wald­eidechsen von den Wildschweinen erbeutet werden.
  • Vor allem an stärker befahrenen Straßen könnte Straßentod örtlich eine Rolle spie­len.
  • Konkurrenz: Das Vordringen der Mauereidechse in Lebensräume der Waldeidechse, wie im Saarland beobachtet, könnte durch Konkurrenz zum Zurückdrängen letzterer führen.
  • Insektizide und andere Pestizide könnten indirekt über die Reduzierung von Insekten und Spinnen als Hauptnahrungsgruppen negativen Einfluss ausüben.

Schutz- und Hilfsmaßnahmen

Typischer Lebensraum der Waldeidechse

Typischer Lebensraum der Waldeidechse: Waldrand mit Steinhaufen, durch Befahren des Feldweges beeinträchtigt

Generell sind der Erhalt, die Pflege und im Bedarfsfalle die Wiederherstellung eines geeigneten Biotopverbundes oberste Zielsetzung um Waldeidechsen-Populationen langfristig zu stabilisieren. Zahlreiche Einzelmaßnahmen bilden hierbei Bausteine. Im Einzelnen sind zu nennen:

  • Schutz der letzten Hochmoore bzw. ihrer Reste und Randbereiche.
  • Wiedervernässungsmaßnahmen und Entbuschungen (unter Berücksichtigung der Belange der hier lebenden Reptilienarten, s.o.).
  • Naturnahe Waldbewirtschaftung durch Förderung von Misch- und Laubwäldern, in welchen auch lichte Bereiche und zumindest kleinere offene Bereiche (z. B. Wind­wurfflächen) ihren Platz haben. Kahlschläge sollten nicht immer komplett aufgefors­tet werden und nach Möglichkeit nicht nur kleinere, sondern auch sonnenexponierte größere Freiflächen und Waldränder erhalten bleiben.
  • Erhalt krautiger Waldinnenränder an Waldwegen; keine Befestigung der Wege mit kalkhaltigem Bauschutt, um die Säume möglichst mager zu halten.
  • Erhalt breiter, gestufter Waldränder und Waldmäntel.
  • Erhalt verschiedener Kleinstrukturen, z. B. Lesesteinhaufen, Totholzhaufen und Baumstubben, an sonnenexponierten Stellen ggf. Neuanlage von Totholz- und Rei­sighaufen; Verwendung von Weidepfählen aus Spaltholz, bei Erneuerung von Weide­pfählen sollten die alten Pfähle stehen oder liegen bleiben (Verrottung).
  • In Flächen mit größeren Waldeidechsenbeständen sollte in mehrjährigen Abständen ein Teil der aufwachsenden Gehöl­ze entfernt werden, wobei die Arbeiten im Hochwinter durch­zuführen sind.
  • An Grabenböschungen mit kopfstarken Waldeidechsen-Vor­kommen sollte keine Böschungsmahd bzw. keine Mahd der Straßen-/Wegerandstreifen im Sommer erfolgen, stattdessen im Spätherbst (Novem­ber). Anstelle von Schlegel- und Saugmähern sollten Balkenmäher zum Einsatz kom­men.
  • Genereller Erhalt und Förderung linienhafter Landschaftsstrukturen, um die Vernet­zung zu fördern, z. B. Hecken, Lesesteinmauern, krautige und begraste Wegsäume, stillgelegte Bahntrassen; von letzteren sollten einige für Naturschutzzwecke erwor­ben und durch regelmäßige Pflege in einem frühen Sukzessionsstadium gehalten werden.
  • Offenhaltung ausgewählter Kleinabgrabungen mit einem vielfältigen Mosaik aus Frei­flächen und verbuschten Bereichen; in Einzelfällen Erwerb für Naturschutzzwecke und regelmäßige Pflege.
  • Vielfältige Gestaltung wenigstens von Teilen der Gärten und Grünanlagen in Sied­lungsrandlagen oder bei Vorkommen von Eidechsen in deren Nachbarschaft. So sollte man beispielsweise Gebüsche aus heimischen standortgerechten Gehölzen, Stein- und Reisighaufen anlegen.

Textquelle: Aktionsbroschüre 2006: Die Waldeidechse (download)

 

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