Gefährdung und Schutz der Waldeidechse
Situation in Deutschland
Bundesweit gilt die Art nicht als gefährdet. Eine Betrachtung auf der Ebene der 16 Bundesländer zeigt jedoch, dass es Regionen gibt, in denen sich die Situation als nicht unbedenklich darstellt:
In der Hälfte der Bundesländer kann die Art zwar als „nicht gefährdet“ bezeichnet werden. Für die verbleibenden Länder ergeben die publizierten Roten Listen oder die aktuelle Einschätzung der jeweiligen Landeskenner, dass entweder eine klar erkennbare Gefährdung (Kategorie 3) vorliegt, so in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und wahrscheinlich auch Brandenburg, oder aber die Rückgänge sind so deutlich, dass die Art in die (Vor-)Warnliste aufgenommen wurde. Letzteres ist in Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland der Fall. Für das Saarland werden stärkere Bestandseinbußen angegeben.
Mehr Informationen über die „Rote Liste“ finden Sie unter: Artenschutz
Gefährdungsfaktoren
Diese sind sehr vielfältig, je nach den betroffenen Lebensräumen. Deren quantitative Bedeutung kann meist nicht angegeben werden; hierzu wären speziellere Untersuchungen erforderlich.
Im Einzelnen sind zu nennen:
- Intensive Waldbewirtschaftung in Monokulturen, z. B. dichte Fichten- und Kiefernstangenhölzer, generelle Aufforstung von Kahlschlägen. Kompensationskalkungen (gegen die Bodenversauerung) können zur Nährstoffmobilisierung und zum Zuwachsen der Waldränder und -innensäume sowie der Lichtungen mit üppigen Hochstaudenfluren führen. Auch der heute oft übliche Einsatz schwerer Maschinen könnte zur Beeinträchtigung beitragen.
- Aufforsten von Wiesentälern im Mittelgebirge.
- Beseitigung von Saumbiotopen, z. B. Waldmänteln und vorgelagerten Streifen mit abgestufter Vegetationshöhe durch Ausdehnung der Ackernutzung (siehe Abb. 4) und Rodung von Hecken aus demselben Grund; Beseitigung niedriger Gebüschstreifen an Weg- und Grabenrändern. Saumbiotope haben einen biotopvernetzenden Charakter und bilden eine wichtige Voraussetzung für den Gen-austausch zwischen den Populationen. Ihre Reduzierung trägt entscheidend zur Ausdünnung des Populationsnetzes in der Landschaft und zur Isolation der Populationen bei.
- Gründliches Wegräumen von Totholz, Entfernen alter Weidepfähle aus Spaltholz.
- Schematische Rekultivierung (Aufforstung) und Verfüllung von Abgrabungen.
- Bebuschung und Bewaldung von Schneisen, Säumen, stillgelegten Bahntrassen und Abgrabungsflächen auf Grund natürlicher Sukzession.
- Überbauung von Ruderalflächen im Randbereich von Städten und Dörfern sowie stillgelegter Bahntrassen.
- Vernichtung der letzten Hochmoore durch Torfabbau. Neben der kompletten Zerstörung der Aufenthaltsbereiche der Waldeidechsen und ihrer Tötung durch den maschinellen Einsatz führt schon eine Trockenlegung zu Rückgängen durch zu starke Verbuschung und schließlich Bewaldung.
- Auch einseitige Maßnahmen zur Moorregeneration wie z. B. Erzeugung sehr großflächiger Wasserflächen, vollständige Beseitigung von aufkommenden Büschen und Bäumen (Entkusselung), die Beseitigung oder Abflachung von Moordämmen, die Nivellierung der Oberfläche durch Mulchen können zu Einbußen in Waldeidechsen- und anderen Reptilien-Populationen führen.
- Durch übermäßigen Düngereinsatz in von Natur aus nährstoffärmeren Lebensräumen verschwinden Magerstandorte, Heiden vergrasen rascher, die Verbuschung wird beschleunigt. Dies führt zur zu starken Beschattung.
- Radikales und über lange Strecken zeitgleich erfolgendes Räumen von Straßenseitengräben und Mähen ihrer Böschungen und Straßen- bzw. Wegerandstreifen zur falschen Jahreszeit (Sommer). Der Einsatz von Schlegel- und Saugmähern ist zudem mit Verlusten bei Waldeidechsen und anderen Kleintieren verbunden.
Hinzu könnten weitere Gefährdungsfaktoren kommen, denen durch spezielle Untersuchungen nachgegangen werden sollte, z. B.
- Im Siedlungsbereich könnten Hauskatzen den Waldeidechsen nachstellen.
- Wildschweine: Da deren Bestände vielerorts stark zugenommen haben und die Tiere den Boden kräftig durchwühlen, könnten hierbei ruhende, z. B. überwinternde Waldeidechsen von den Wildschweinen erbeutet werden.
- Vor allem an stärker befahrenen Straßen könnte Straßentod örtlich eine Rolle spielen.
- Konkurrenz: Das Vordringen der Mauereidechse in Lebensräume der Waldeidechse, wie im Saarland beobachtet, könnte durch Konkurrenz zum Zurückdrängen letzterer führen.
- Insektizide und andere Pestizide könnten indirekt über die Reduzierung von Insekten und Spinnen als Hauptnahrungsgruppen negativen Einfluss ausüben.
Schutz- und Hilfsmaßnahmen
Generell sind der Erhalt, die Pflege und im Bedarfsfalle die Wiederherstellung eines geeigneten Biotopverbundes oberste Zielsetzung um Waldeidechsen-Populationen langfristig zu stabilisieren. Zahlreiche Einzelmaßnahmen bilden hierbei Bausteine. Im Einzelnen sind zu nennen:
- Schutz der letzten Hochmoore bzw. ihrer Reste und Randbereiche.
- Wiedervernässungsmaßnahmen und Entbuschungen (unter Berücksichtigung der Belange der hier lebenden Reptilienarten, s.o.).
- Naturnahe Waldbewirtschaftung durch Förderung von Misch- und Laubwäldern, in welchen auch lichte Bereiche und zumindest kleinere offene Bereiche (z. B. Windwurfflächen) ihren Platz haben. Kahlschläge sollten nicht immer komplett aufgeforstet werden und nach Möglichkeit nicht nur kleinere, sondern auch sonnenexponierte größere Freiflächen und Waldränder erhalten bleiben.
- Erhalt krautiger Waldinnenränder an Waldwegen; keine Befestigung der Wege mit kalkhaltigem Bauschutt, um die Säume möglichst mager zu halten.
- Erhalt breiter, gestufter Waldränder und Waldmäntel.
- Erhalt verschiedener Kleinstrukturen, z. B. Lesesteinhaufen, Totholzhaufen und Baumstubben, an sonnenexponierten Stellen ggf. Neuanlage von Totholz- und Reisighaufen; Verwendung von Weidepfählen aus Spaltholz, bei Erneuerung von Weidepfählen sollten die alten Pfähle stehen oder liegen bleiben (Verrottung).
- In Flächen mit größeren Waldeidechsenbeständen sollte in mehrjährigen Abständen ein Teil der aufwachsenden Gehölze entfernt werden, wobei die Arbeiten im Hochwinter durchzuführen sind.
- An Grabenböschungen mit kopfstarken Waldeidechsen-Vorkommen sollte keine Böschungsmahd bzw. keine Mahd der Straßen-/Wegerandstreifen im Sommer erfolgen, stattdessen im Spätherbst (November). Anstelle von Schlegel- und Saugmähern sollten Balkenmäher zum Einsatz kommen.
- Genereller Erhalt und Förderung linienhafter Landschaftsstrukturen, um die Vernetzung zu fördern, z. B. Hecken, Lesesteinmauern, krautige und begraste Wegsäume, stillgelegte Bahntrassen; von letzteren sollten einige für Naturschutzzwecke erworben und durch regelmäßige Pflege in einem frühen Sukzessionsstadium gehalten werden.
- Offenhaltung ausgewählter Kleinabgrabungen mit einem vielfältigen Mosaik aus Freiflächen und verbuschten Bereichen; in Einzelfällen Erwerb für Naturschutzzwecke und regelmäßige Pflege.
- Vielfältige Gestaltung wenigstens von Teilen der Gärten und Grünanlagen in Siedlungsrandlagen oder bei Vorkommen von Eidechsen in deren Nachbarschaft. So sollte man beispielsweise Gebüsche aus heimischen standortgerechten Gehölzen, Stein- und Reisighaufen anlegen.
Textquelle: Aktionsbroschüre 2006: Die Waldeidechse (download)
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