Amphib des Jahres 2016: Der Feuersalamander
„Salamander lebe hoch“ – der bekannte Reimspruch, mit dem die Abenteuer des lustigen Feuersalamanders „Lurchi“ immer enden, hat mehrere Generationen von Kindern in Deutschland geprägt. Und die Comicfigur eines schwäbischen Schuhherstellers hat nicht nur meine spätere Berufswahl entscheidend beeinflusst, sondern sicher auch ihren Teil dazu beigetragen, dass Amphibien heute bei uns überwiegend als freundliche Sympathieträger wahrgenommen werden. Vor 100 Jahren war das noch anders. In dem bekannten Naturführer über die Kriechtiere und Lurche Deutschlands von Dr. Kurt Floericke wurden Feuersalamander als „träge, griesgrämige Gesellen“ und als „entstelltes Zerrbild der Eidechse“ dargestellt. Auch der „dumme und blöde Gesichtsausdruck“, das „tölpelhafte und ungeschickte Betragen“ oder die „stumpfen Sinne“ des „massigen und grob gestalteten Tieres“ waren wenig schmeichelhaft und zeugten von einer geringen Wertschätzung selbst unter Naturliebhabern. Noch schlimmer war es im Mittelalter, als man dem Feuersalamander allerlei Zauberei wie das Überleben im Feuer und eine abnorme Giftigkeit unterstellte – in den Brunnen gefallene Tiere würden das Wasser vergiften, „der bloße Hauch eines Atems“ sollte Menschen töten. Und die alten Römer hatten davor gewarnt, dass „der Salamander ganze Völker vernichten“ könne.
Fasziniert und tief beeindruckt war ich als kleiner Junge von meiner ersten Begegnung mit einem realen Feuersalamander. Die prächtige, intensiv schwarz-gelbe Zeichnung des Tieres ließ mich eher an eine tropische Amphibienart als an einen Schwanzlurch der heimischen Gefilde denken. Und so stand mein Entschluss fest, einmal Biologe zu werden. Heute dürften die wenigsten Kinder in Mitteleuropa schon einmal einen lebenden Feuersalamander gesehen haben. Die Entfremdung von der Natur schreitet immer weiter voran. Selbst in vermeintlich idealen Lebensräumen, wie in unseren Mittelgebirgen mit Laubmischwäldern und kühlen Quellbächen, fehlen oft geeignete Habitatstrukturen wie das Totholz am Waldboden oder die Versteckplätze im Larvengewässer. Auch die Aufforstung mit Nadelbäumen, der Fischbesatz von Bächen und der kontinuierlich steigende Straßenverkehr tragen entscheidend zum Rückgang der Art bei. Asphaltierte Straßen und Forstwege zerschneiden bis heute verbliebene Waldlebensräume, der genetische Austausch von Populationen wird unterbunden.
Und nicht wenige Feuersalamander werden durch das Befahren von Waldwegen in feuchten Nächten direkte Opfer ihrer motorisierten Umwelt. So wollen die DGHT und ihre Partnerorganisationen mit der Wahl des Feuersalamanders zum „Lurch des Jahres 2016“ nun eine der bekanntesten Amphibienarten Deutschlands und Mitteleuropas noch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit und des Natur- und Artenschutzes rücken. Auch wenn der Feuersalamander bundesweit als derzeit noch ungefährdet gilt, ist er doch wie alle einheimischen Amphibien besonders geschützt und zählt zu den Arten, für deren Erhaltung Deutschland international eine besondere Verantwortung hat. In den regionalen Roten Listen einiger Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg wird der Feuersalamander als gefährdet eingestuft, weil er einen rückläufigen Bestandstrend zeigt. Und auch in den aktuellen Roten Listen der Schweiz wird die Art heute als gefährdet betrachtet, in den Roten Listen Österreichs gilt sie als potenziell gefährdet, während sie in Luxemburg derzeit als nicht gefährdet eingestuft wird. Der Feuersalamander ist eine Charakterart für naturnahe Lebensgemeinschaften unserer heimischen Mittelgebirgslandschaften; zugleich ist er eine wichtige Zeigerart für gesunde Laubmischwälder mit kühlen Quellbächen. Nur der konsequente Schutz solcher Bach- und Waldlebensräume kann dazu beitragen, den Feuersalamander auch in Zukunft zu erhalten.
Textautor: Dr. Axel Kwet
Präsidium der DGHT (Feldherpetologie/Naturschutz)
Auch nachzulesen in der Aktionsbroschüre (hier als pdf-Datei erhältlich)
Hier finden Sie weitere Artikel über den Feuersalamander
Video von Eric Egerer.
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