Portrait der Blindschleiche

Nov 22, 2016 by     Posted under: Reptil des Jahres 2017: Die Blindschleiche
Detailansicht der Schuppen. Foto: B. Trapp

Detailansicht der Schuppen. Foto: B. Trapp

Die Blindschleiche hat einen schlanken, langgestreckten und im Querschnitt annähernd kreisrunden Körper, sodass sie aufgrund der fehlenden Extremitäten durchaus schlangenähnlich erscheint. Im Verlauf der Evolution fand eine Rückbildung der Extremitäten statt, und so sind am Skelett der Blindschleiche heute noch Reste des Schulter- und Beckengürtels zu erkennen. Bei den Embryonen sind sogar noch deutliche Beinanlagen zu sehen, die erst im weiteren Verlauf der Entwicklung verloren gehen. Der gesamte Körper der Blindschleiche ist von kleinen, glatten, dachziegelartig übereinander greifenden Schuppen bedeckt. Der Kopf der Blindschleiche ist verhältnismäßig klein und setzt nahtlos am Körper an, was die im Boden kriechende Lebensweise erleichtert. Allein bei großen, älteren Männchen findet man häufiger einen massiver gebauten, etwas deutlicher abgesetzten Kopf. Auch der lange, sich zum Ende hin verjüngende Schwanz setzt nahtlos am Körper an. Sein Beginn ist auf der Körperunterseite durch den Kloakenspalt markiert. Bei trächtigen Weibchen ist der Schwanz aufgrund des meist dicken Rumpfes oft auffallend abgesetzt. Im unversehrten Zustand ist der Schwanz bei erwachsenen Tieren generell deutlich länger als der restliche Körper und endet mit einer dornartigen Spitze. Blindschleichen sind wie die meisten Echsen in der Lage, bei Gefahr ihren Schwanz beziehungsweise Teile davon abzuwerfen (Autotomie), um so etwaige Prädatoren durch das intensiv zuckende Schwanzteil von sich abzulenken und zu entkommen. Als Regenerat wird ein nur maximal 1–2 cm langer, kegelförmiger, oft schwarz gefärbter Stummel ausgebildet. Um keine Autotomie zu provozieren, sollte man Blindschleichen daher nie am Schwanzende ergreifen.
Die Färbung und Zeichnung adulter Blindschleichen variiert sehr stark. So kann ihre Oberseite in den verschiedensten Grau- und Brauntönen gefärbt sein, seltener ist sie auch rostrot. Neugeborene Blindschleichen zeigen hingegen eine sehr einheitliche Färbung. Der Bauch und die Körperseiten sind meist tief schwarz gefärbt, sodass sich die silbergrau bis goldgelb gefärbte Oberseite deutlich davon absetzt.

Männchen mit Blaufleckung. Foto: D. Alfermann

Männchen mit Blaufleckung. Foto: D. Alfermann

Über die Rückenmitte verläuft vom Hinterkopf aus ein schwarzer Strich, der bis zum Schwanzende reicht. Am Kopf ist er zu einem dicken, runden, dreieckigen oder auch gabelförmigen Fleck verbreitert. Bei ausgewachsenen, meist weiblichen Tieren bleibt dieser schwarze Rückenstrich häufig erhalten. Oft wird er beidseitig von zwei bis drei parallel verlaufenden, meist blassbraunen Linien gesäumt. Männliche Tiere sind auf der Körperoberseite hingegen in der Regel zeichnungslos. Hin und wieder kann bei ihnen eine mehr oder weniger intensive Blaufleckung auftreten. An den Flanken finden sich bei allen Tieren generell mehrere dunkle Längsstreifen, die oft miteinander verschmelzen und so ein einheitliches Längsband bilden. Die Unterseite ist oft schwarzgrau gefärbt und geht zu den Seiten in einen helleren Grauton über. In seltenen Fällen kann die Unterseite auch intensiv schwarz gefärbt sein. Die Unterseite des Schwanzes ist im Vergleich zu der des Körpers meist noch heller, oft gräulich gefärbt, und es finden sich nur noch in den Schuppen einzelne schwarze Flecken. Die relativ kleinen Augen der Blindschleiche haben eine schwarze, runde Pupille, die von einer kupferroten Iris umgeben ist. Die Augen können mit den beweglichen Augenlidern verschlossen werden. Blindschleichen sind farbenblind und können auch Graustufen nur schwer unterscheiden. Im Vergleich zu Schlangen verfügt die Blindschleiche aber über ein gutes Gehör. Die Ohröffnungen sind bei der Westlichen Blindschleiche allerdings mit Schuppen überdeckt. Ausgewachsene Blindschleichen können im unversehrten Zustand eine Gesamtlänge von 40–45 cm erreichen (durchschnittliche Kopf-Rumpf-Länge: 15–20 cm). In Einzelfällen werden sie auch in Mitteleuropa über 50 cm lang. Die längsten bislang nachgewiesenen und dokumentierten Tiere stammen aus Kroatien (57,5 cm) und Portugal (58 cm). Das Gewicht der Blindschleichen ist von der Körpergröße und dem Ernährungszustand abhängig. Bei Weibchen hat auch die Trächtigkeit Einfluss auf das Körpergewicht. So schwanken die durchschnittlichen Gewichtsangaben für ausgewachsene Blindschleichen zwischen 10–25 g (Männchen) und 15–30 g (Weibchen). Die schwersten bis heute dokumentierten Tiere wogen 72 g (Männchen) beziehungsweise 73 g (Weibchen) und stammten beide aus dem südlichen Odenwald.

Die Geschlechtsreife erreichen Blindschleichen mit dem dritten beziehungsweise vierten Lebensjahr, bei einer Kopf-Rumpf-Länge von wenigstens 12–14 cm. Über ihr erreichtes Höchstalter im Freiland ist nichts bekannt. Im Terrarium werden Blindschleichen regelmäßig 15–20 Jahre alt, sodass dieses Alter in Einzelfällen auch im Freiland realistisch erscheint.

Schwanzregenerat. Foto: E. Lindner

Schwanzregenerat. Foto: E. Lindner

Farbvarianten. Foto: A. Kwet

Farbvarianten. Foto: A. Kwet

Jungtierfärbung. Foto: B. Trapp

Jungtierfärbung. Foto: B. Trapp

 

 

 

 

 

 

 

Weibchen mit Rückenstrich, Foto: J. Kühnis

Weibchen mit Rückenstrich, Foto: J. Kühnis

Längsstreifung auf Flanken, Foto: B. Trapp

Längsstreifung auf Flanken, Foto: B. Trapp

Rote Iris , verdeckte Ohröffnung, Foto: B. Trapp

Rote Iris , verdeckte Ohröffnung, Foto: B. Trapp

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