Die Verbreitung der Schlingnatter
Hier finden Sie Allgemeines zur Verbreitung der Schlingnatter in Europa, sowie genauere Informationen über Vorkommen in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Luxemburg.
Verbreitung der Schlingnatter in Europa
Die Schlingnatter ist nahezu in ganz Europa verbreitet. Sie fehlt lediglich in Island und Irland sowie in weiten Teilen Großbritanniens und Skandinaviens. In Dänemark gilt sie mittlerweile seit fast 100 Jahren als ausgestorben. Dagegen werden auch an Europa angrenzende Gebiete in Westsibirien und im mittleren Osten besiedelt. So erstreckt sich das gesamte Verbreitungsareal von Nordportugal bis nach Südengland und in das südliche Skandinavien, wo die nördlichsten Vorkommen auf den Åland-Inseln (60° nördlicher Breite) zu finden sind. Im Osten reicht das Verbreitungsgebiet bis an den Fluss Tobol in Westsibirien (64° östlicher Länge) und weiter über den Kaukasus hinweg südostwärts bis in den Nordiran sowie das nördliche Kleinasien. Der Mittelmeerraum bildet die südliche Arealgrenze, wobei die Schlingnatter auf den Mittelmeerinseln weitestgehend fehlt. So ist sie nur von Elba, Sizilien und einigen dalmatinischen Inseln sicher nachgewiesen. Die südlichsten Vorkommen finden sich in Spanien (Sierra del Aljibe in der Provinz Cádiz, Sierra Nevada), auf Sizilien und der Peloponnes (Griechenland). Die Höhenverbreitung der Schlingnatter reicht von Meeresniveau (z. B. Ostsee) bis hinauf in die alpinen Bereiche, wobei sie hier sicherlich nur noch vereinzelt anzutreffen ist. Die höchsten bekannten Vorkommen liegen in der Sierra Nevada (2.700 m ü. NN) sowie im Kaukasus (3.000 m ü. NN).
Verbreitung in Deutschland
In Deutschland ist die Schlingnatter allgemein verbreitet, wobei ein Verbreitungsschwerpunkt in den wärmebegünstigten Mittelgebirgsregionen Süd- beziehungsweise Südwestdeutschlands liegt. Nach Norden splittert sich das Areal in isolierte Vorkommen auf. In Baden-Württemberg werden weite Teile des Schwarzwalds, des Kraichgaus und des Odenwalds besiedelt. Daneben ist die Schlingnatter im Oberrheingebiet sehr häufig und auch in den Hanglagen von Tauber, Kocher, Jagst und Enz sowie des oberen Neckartals anzutreffen. Auf der Schwäbischen Alb ist sie insbesondere an den Nord- sowie Südabdachungen und hier bis ins Donautal verbreitet. Dagegen ist sie südlich der Donau, im Alpenvorland, sehr selten. Hier kommt die Art im Wesentlichen nur im Einzugsgebiet der voralpinen Flüsse, vor allem von Lech, Isar, Inn und Salzach, vor. Im Alpenraum erreicht die Schlingnatter ihre maximale Vertikalausbreitung innerhalb Deutschlands. So konnte sie in den hochmontanen Lagen bei Berchtesgaden bis 1.300 m ü. NN nachgewiesen werden. Weitere Schwerpunktvorkommen finden sich in den wärmebegünstigten Tallagen von Rhein, Nahe, Lahn, Mosel und Ahr sowie am Haardtrand des Pfälzer Waldes. Hingegen fehlt die Art in den intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen und feuchten Lagen der Wetterau und der hessischen Rheinebene. In Nordrhein-Westfalen befindet sich der Nordwestrand des bislang mehr oder weniger geschlossenen Verbreitungsareals. Das nordrhein-westfälische Tiefland ist mit Ausnahme des Schwalm-Nettetals, des Einzugsbereich der Unteren Lippe, sowie des unteren Niederrheins – jeweils im Grenzbereich zu den Niederlanden – weitestgehend unbesiedelt. In Niedersachsen ist die Schlingnatter größtenteils nur noch verstreut anzutreffen.Im nördlich anschließenden Schleswig-Holstein ist die Schlingnatter nur noch spärlich verbreitet. Die Marsch sowie die Nordfriesischen Inseln werden nicht besiedelt. Im östlich angrenzenden Mecklenburg-Vorpommern beschränken sich die Vorkommen im Wesentlichen auf den küstennahen Raum zwischen Rostock und der östlichen Landesgrenze. Schwerpunktvorkommen befinden sich in den Sand- und Heidegebieten Brandenburgs, im Porphyrhügelland Sachsen-Anhalts, im Erzgebirgsvorland, in der Oberlausitz, im südöstlichen Bereich des Harzes und vor allem im wärmebegünstigten Muschelkalk- und Buntsandsteingebiet von Saale und Unstrut. Vogtland und Thüringer Gebirge sind hingegen nur in klimatisch geeigneten Lebensräumen besiedelt. An diese Landschaften schließt sich das süd- bzw. südwestliche, geschlossene Verbreitungsgebiet an.
Die Schlingnatter in der Schweiz
Die Schlingnatter ist in der ganzen Schweiz verbreitet, hat aber vor allem im Mittelland zwischen Genfer- und Bodensee in den vergangenen Jahrzehnten beträchtliche Arealverluste erlitten und ist dort mittlerweile sehr selten geworden. Viele Populationen sind erloschen, andere sind klein und hochgradig isoliert. Im Juragebirge und vor allem in den Alpen leben dagegen noch zahlreiche und teils individuenstarke Bestände. Die Art scheint einzig in weiten Teilen des Oberengadins zu fehlen. Die Schlingnatter besiedelt in der Schweiz tiefe Lagen um 200 m ü. NN, wird in den Alpen aber auch noch in Höhenlagen von über 2.000 m angetroffen. Der Schwerpunkt der Höhenverbreitung liegt bei rund 800 m, der aktuell höchstgelegene Fundort befindet sich auf 2.240 m ü. NN in den Tessiner Alpen. Im Alpenraum und im Jura besiedelt die Schlingnatter in der Regel trockenwarme, steinige oder felsige Hanglagen mit mehr oder weniger südlicher Exposition. Dazu gehören natürliche Lebensräume wie Felsfluren, Block- und Blockschutthalden, sogenannte Übersarungsflächen (Geröll- und Geschiebeflächen entlang von Fließgewässern) sowie Lawinen- und Steinschlagrunsen (Erosionsrinnen). Gerne werden aber auch anthropogene Standorte wie mit Lesesteinhaufen durchsetzte Weiden und Wiesen, Trockenmauerwerk aller Art, Gewässerverbauungen (Blockwurf, Gabionen), Wegränder, Steinbrüche und Kiesgruben besiedelt.
Die verbleibenden Mittelland-Populationen finden sich zumeist auf strukturreichen Ruderalflächen, vor allem im Zusammenhang mit Eisenbahnanlagen. Auch naturnahe Gewässerverbauungen, Weinberge und Ruinen werden hier noch besiedelt. Neben der Ringelnatter wird auch die Schlingnatter recht häufig in Gärten angetroffen, sofern diese ein minimales Struktur- und Nahrungsangebot bereitstellen. In aller Regel handelt es sich dabei aber um marginale Vorkommen, angrenzend an ausgedehntere, qualitativ hochwertige Lebensräume, häufig Weinberge. Der erhebliche Rückgang der Schlingnatter vor allem in den tieferen Landeslagen der Schweiz dürfte hauptsächlich auf die Intensivierung der Landwirtschaft und den damit einhergehenden Verlust von Kleinstrukturen, namentlich Lesesteinhaufen und Trockenmauern, sowie strukturreichen Böschungen zurückzuführen sein. Gleichzeitig wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Südexponierte Gunstlagen überbaut – ein Trend, der nach wie vor anhält. Die harte Sanierung von Trockenmauerwerk mit dem vollständigen Vermörteln von Spalten und Ritzen führt lokal immer noch zu Habitatverlusten. Auch der eingeschränkte Geschiebehaushalt vieler korrigierter Fließgewässer dürfte sich negativ auf die Schlingnatter ausgewirkt haben, weil dadurch offene Übersarungsflächen in optimalen Sukzessionsstadien fehlen. Vor allem im Juragebirge, teilweise aber auch in den Voralpen leidet die Schlingnatter – wie viele andere Reptilien auch – unter dem Verbuschen und Verwalden von Primärstandorten wie Blockhalden und Felsfluren, aber auch von strukturreichem Wiesen- und Weideland, das aus ökonomischen Gründen nicht mehr bewirtschaftet wird. Interessanterweise gibt es in der Schweiz Populationen mit ausgesprochen kleinwüchsigen Individuen, wohingegen die Art in anderen Gebieten beträchtliche Maximallängen erreicht. Den aktuellen Rekord hält ein Weibchen aus dem Unterengadin mit einer Gesamtlänge von 93 cm. Die Schlingnattern einer auf 1.600 m ü. NN lebenden Population im Berner Oberland sind im Durchschnitt nur 56,8 cm lang, bei einer gemessenen Maximallänge von 63 cm. Die Schlingnatter gilt in der Schweiz als „verletzlich“ (VU oder vulnerable; Rote Liste 2005) und ist, wie alle anderen Reptilienarten, durch das Natur- und Heimatschutzgesetz von 1967 vollständig geschützt.
(Ein Beitrag von Andreas Meyer, Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz – karch)
Die Schlingnatter in Österreich
Die Schlingnatter – auch Österreichnatter, Glatt- oder Kupfernatter genannt – kommt in allen Bundesländern Österreichs vor. Hauptverbreitungsgebiete stellen die wärmebegünstigten Regionen des Alpenvorlandes dar. Dort ist die Art ein charakteristischer Bewohner des wärmebegünstigten Flach-, Hügel- und Berglandes in überwiegend offenen, sonnenexponierten Lebensräumen. Individuenreiche Populationen existieren in den Weinbaugebieten in Niederösterreich (Thermenlinie, die südlich von Wien die Grenze zwischen Wienerwald und Wiener Becken bildet, Hainburger Berge, Wachau), im Burgenland (Ruster Hügelland, Leithagebirge), in der südlichen und östlichen Steiermark sowie im Klagenfurter Becken. In die Gebirgsregionen dringt die Schlingnatter weit entlang von Flüssen (Drau, Enns, Inn, Salzach) vor. Auch höher gelegene Landschaften wie das Waldviertel (Böhmische Masse) können gute Bestände aufweisen, beispielsweise an geeigneten Strukturen wie Lesesteinhaufen. Das höchstgelegene nachweisliche Vorkommen Österreichs stammt aus dem Bundesland Salzburg und befindet sich auf 1.763 m ü. NN. Die Schlingnatter bevorzugt in Österreich sonnige und meist offene Lebensräume, die sich in der Regel durch einen geringen Baumbestand auszeichnen, lebt aber auch gerne entlang von Waldrändern und auf Waldlichtungen. Häufig besiedelt sie auch anthropogen veränderte Lebensräume wie Steinbrüche, Straßenböschungen, Eisenbahndämme sowie naturnahe Weinanbaugebiete und Gärten mit Lesesteinmauern und -haufen. Individuenreiche Bestände existieren in Österreich dort, wo eine hohe Dichte an Eidechsen vorhanden ist. Dies trifft auf alle oben genannten Schwerpunktvorkommensgebiete zu. Eidechsen zählen zu ihrer Hauptnahrungsgrundlage. Allerdings besteht keine unmittelbare Abhängigkeit zu Eidechsenvorkommen, da sich die Schlingnatter auch von Blindschleichen und Kleinsäugetieren ernährt. Aufgrund der versteckten Lebensweise und der damit verbundenen schlechten Erfassbarkeit ihrer Vorkommen dürften Verbreitungslücken (Ausnahme: alpine Lagen) eher auf Erhebungsdefiziten als auf einem tatsächlichen Fehlen der Art beruhen. Im Gegensatz zu sonstigen heimischen Schlangenarten ist die Schlingnatter vor allem an Tagen mit mäßig warmen Tagestemperaturen und nur zeitweiliger Sonnenscheindauer anzutreffen. Die Schlingnatter wird in der aktuellen Roten Liste Österreichs als „gefährdet“, in der Roten Liste Kärntens beispielsweise als „stark gefährdet“ eingestuft. Zwei bekannte individuenstarke Populationen in alten Steinmauern entlang von Kärntner Eisenbahnlinien wurden in den letzten Jahren weitgehend vernichtet, indem diese Strukturen durch Stahlbetonmauern ersetzt wurden.
(Ein Beitrag von Mario Schweiger, Österreichische Gesellschaft für Herpetologie – ÖGH)
Die Schlingnatter in Luxemburg
Die Glatt- oder Schlingnatter (französisch: couleuvre lisse; luxemburgisch: adder, onk) galt früher in Luxemburg als nicht besonders selten. So beschreibt de la Fontaine (1870) die Art als nicht selten im Gutland; vor allem in den Weinbergen der Mosel, an der Sauer und an der Eisch, sogar in den Festungsmauern der Stadt Luxemburg. Seiner Meinung nach kommt sie allerdings nicht im Ösling vor. Ferrant (1922) beschreibt die Schlingnatter als außergewöhnlich häufig in der Moselgegend, an der Obersauer und auf dem Luxemburger Sandstein. Engel & Thorn (1996) bestätigen die Verbreitung der Art an der Mosel, beschreiben sie auch an der Alzette, in den ehemaligen Tageabbaugebieten sowie eine Population am Bahnhof von Kautenbach im Ösling. Heute kommt die Schlingnatter in Luxemburg nur noch lokal und isoliert vor, im Gegensatz zu den von de la Fontaine und Ferrant gemachten Angaben ist sie aber an einigen Standorten im Ösling nachgewiesen. Insgesamt lassen sich vier Verbreitungsschwerpunkte in Luxemburg feststellen: die Täler von Mosel und Untersauer; das Ösling mit den Tälern der Clerf und der Wiltz; die ehemaligen Tagebaugebiete im Südwesten des Landes; die Stadt Luxemburg und Umgebung (Luxemburger Sandstein). Die Glattnatter wird viel seltener im Siedlungsbereich festgestellt als zum Beispiel die Ringelnatter. Die zahlreichen Gefährdungsursachen in Luxemburg unterscheiden sich nicht wesentlich von denen, die bereits im Hauptbeitrag weiter vorne aufgelistet werden. Da die Schlingnatter häufig in denselben Lebensräumen wie die Mauereidechse vorkommt, wurde ein Managementplan für beide Arten zusammen ausgearbeitet.
Die wichtigsten Schutzmaßnahmen sind:
- Erhalt der Trockenmauern, kein vollständiges Zumörteln der Ritzen und Spalten
- Pflegemaßnahmen in den Habitaten, wie Verhinderung von Verbuschung und Bewaldung
- Erhaltung oder Neuanlage von Kleinstrukturen
- Anlage von Korridoren mit Mosaikstrukturen als Lebensraum und zur Vernetzung, um die Isolation der einzelnen Populationen zu verringern Die Schlingnatter gilt in Luxemburg als selten und gefährdet (Rote Liste 2007) und ist geschützt durch das Naturschutzgesetz von 2004 und das Großherzogliche Reglement von 2009.
(Ein Beitrag von Edmée Engel, Musée Nationale d‘Histoire Naturelle, Luxemburg)
Textquelle: Aktionsbroschüre 2013: Die Schlingnatter
Download als PDF