Das Reptil des Jahres 2009: Die Würfelnatter
Mit der ungiftigen und harmlosen Würfelnatter (Natrix tessellata) stellt die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e.V. (DGHT) nun erstmals eine einheimische Schlangenart in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Die bei uns vom Aussterben bedrohte und in der Bevölkerung weitgehend unbekannte Würfelnatter ist das zweite „Reptil des Jahres“ nach der Waldeidechse im Jahr 2006 – und im Gegensatz zu diesem weit verbreiteten und vielerorts häufigen „Allerweltsreptil“ ist die eng an ein Leben am und im Wasser angepasste Natter eine der seltensten Schlangen Deutschlands. Die deutschen Bestände am äußersten Nordwestrand ihres Verbreitungsgebietes stellen die einzigen Vorkommen im gesamten westlichen Mitteleuropa dar. Das natürliche Verbreitungsgebiet in der Schweiz beschränkt sich auf die Flüsse am südlichen Abhang der Alpen. In Österreich werden hauptsächlich die östlichen und südlichen Landesteile besiedelt. Mit der Wahl der Würfelnatter zum „Reptil des Jahres 2009“ bewegt sich die DGHT sozusagen „back to the roots“, denn unsere Gesellschaft war Trägerin des über einen Zeitraum von vier Jahren (1997-2001) laufenden „Würfelnatterprojekts“ in Deutschland. Dieses Vorhaben – gefördert vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums und von den Ländern Rheinland-Pfalz und Sachsen – hatte zum Ziel, die Lebensräume der Würfelnatter an den Flüssen Mosel, Lahn und Elbe neu zu gestalten und zu vernetzen. Ein Jahrzehnt nach dieser Aktion ist es relativ ruhig um diese Schlange geworden – Zeit für eine Zwischenbilanz und einen erneuten Blick auf die aktuelle Situation der Art. Die Biologin Dr. Sigrid Lenz, die seit vielen Jahren die letzten Würfelnatterpopulationen in Deutschland untersucht und auch deren Wiedereinbürgerung im sächsischen Meißen wissenschaftlich begleitet hat, gilt als ausgewiesene Kennerin dieser Art in Deutschland.
Die spezifischen Lebensräume der Würfelnatter unterliegen einer Vielzahl von Nutzungsinteressen wie z. B. Siedlungsentwicklung, Landwirtschaft, Ausbau und Unterhaltung von Verkehrswegen (Schifffahrt, Straße), Freizeit und Wasserkraft. Hier entstehen zwangsläufig Nutzungskonflikte, die man mit Weitsicht für die Bedürfnisse der Schlangen und der Bevölkerung lösen muss. Um diese seltene und harmlose Wasserschlange langfristig in Mitteleuropa zu erhalten, sind kontinuierliche und standortspezifische Schutz- und Pflegemaßnahmen erforderlich. RWE Transportnetz Strom GmbH hat sich bereit erklärt, die Aktion „Reptil des Jahres 2009“ finanziell zu unterstützen, und so ist die für den nächsten Herbst geplante Fachtagung der DGHT-AG Feldherpetologie in Zusammenarbeit mit dem Land Rheinland-Pfalz speziell dem Thema Würfelnatter gewidmet. Auf dieser allen Interessenten offen stehenden Tagung sollen aktuelle Ergebnisse des Würfelnatter-Monitorings in Rheinland-Pfalz und Sachsen, aber auch Informationen aus den Nachbarländern vorgestellt und generelle Informationen zur Biologie und zu naturschutzrelevanten Problemen diskutiert werden. Federführend für die Aktion „Reptil des Jahres 2009“ ist die DGHT und ihre AG Feldherpetologie in enger Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH), der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch), dem NABU Bundesfachausschuss für Feldherpetologie und Ichthyofaunistik und dem Arbeitskreis „Würfelnatter“ der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (GNOR).
Gerade Schlangen stehen weite Bevölkerungskreise noch immer skeptisch gegenüber. Hoffen wir, dass unsere Aktion „Reptil des Jahres 2009“ dazu beiträgt, solche Ressentiments zu überwinden. Nicht nur die Würfelnatter ist in ihrem Bestand stark bedroht, sondern die meisten mitteleuropäischen Reptilien- und Amphibienarten gelten als gefährdet und haben unseren Schutz bitter nötig.
Textquelle: Aktionsbroschüre 2009: Die Würfelnatter (download)
Video von Eric Egerer.
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