Buchbesprechung: Baumaterialien für den Amphibienschutz an Straßen

Buchbesprechung für die „Schriftenschau für den Feldherpetologen“ Nr. 15 für das Jahr 2000, herausgegeben in 2003.
von Arno Geiger / LÖBF NRW

Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (Hrsg. 2000):

Baumaterialien für den Amphibienschutz an Straßen.

(Ergebnisse der Eignungsprüfung an einer Anlage)
Fachdienst Naturschutz, Naturschutz-Praxis, Artenschutz 3 (Karlsruhe), 159 Seiten
Autoren: Ernst Frey, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Karlsruhe und Johannes Niederstrasser, Planungsbüro Beck und Partner, Karlsruhe
Bezug über: JVA Mannheim – Druckerei -, Herzogenriedstraße 111, 68169 Mannheim, Fax: 0621/398-370, Preis 10,74 € zzgl. Versandkostenpauschale

Diese große und gründlich angelegte Übersichtsarbeit über die „Baumaterialien für den Amphibienschutz an Straßen“ gliedert sich in drei große Sachkapitel plus Einleitung/Nachwort, Literatur, Glossar und hat einen großen Anhangsteil, in dem alle Beurteilungsbögen und –tabellen der getesteten Materialien vergleichend vorgestellt werden.

Im Einleitungskapitel wird das Ziel der Arbeit formuliert: „ Hauptziel war jedoch, auf der Grundlage der vergleichend ermittelten Daten allgemeine Prüfkriterien und Regelanforderungen zu finden, die es erlauben, Materialien und Bausysteme bzw. –teile hinsichtlich ihrer biologischen Eignung für den Amphibienschutz an Straßen generell beurteilen zu können“
Mit einführenden Texten und typischen „Fallbeispielen“ (s/w-Zeichnungen) werden die „Regelanforderungen“: Handhabung und bautechnische Eignung und die biologische Eignung hinsichtlich der Sperr- und Leitwirkung (und weiter Kriterien) für mobile Schutzzäune aufgelistet:
Regelanforderung Sperrwirkung:

  • Sicheres Aufhalten der Tiere
  • Kein Überklettern oder Unterwandern
  • Senkrechte Aufstellung mit Übersiegschutz (Höhe mindestens 40 cm) oder halbrunde bzw. schräge Aufstellung
  • Keine Anreize zum Hochklettern („Leitereffekt“)
  • Material möglichst „blickdicht“
Regelanforderung Leitwirkung:
  • Je höher die Leitwirkung, desto effektiver ist der Einsatz von Fanggefäßen
  • Vegetationsfreie Laufebene
  • Übergang zur Zaunwand möglichst senkrecht
  • Haltepfosten nicht auf der Anwanderseite entlang der Zaunwand

Weitere Kriterien:
Handhabung:

  • Zäune mit Eigenspannung (ohne Spanndraht) vorteilhafter da schneller und leichter Auf-/ und Abbau (Transport, Gewicht, Helfer)
  • Eingraben nicht erforderlich

Verkehrsicherheit:
Je undurchlässiger das Zaunmaterial, desto höher die Empfindlichkeit gegenüber Winddruck, Schneelast etc. und desto stärker muss der Zaun verankert sein (Zäune mit Spanndraht bzw. –schnur vorteilhafter).

Daran schließen sich mit einführenden Texten und ebenfalls typischen „Fallbeispielen“ (s/w-Zeichnungen) die „Regelanforderungen“: Handhabung und bautechnische Eignung und die biologische Eignung hinsichtlich der Sperr- und Leitwirkung (und weiter Kriterien) für dauerhafte Leiteinrichtungen an:
Regelanforderung Sperrwirkung:

  • Sicheres Aufhalten der Tiere
  • Kein Überklettern oder Unterwandern (ausreichende Höhe ca. 50 cm; senkrecht zur Leitwand abstehender Übersiegschutz oder überhängende Form
  • Keine Anreize zum Hochklettern an Stoßfugen zwischen den Elementen und an Anschlüssen bei Durchlässen und Gitterrosten

Regelanforderung Leitwirkung:

  • je höher die Leitwirkung, desto sicherer, schneller und stressfreier erfolgt die Führung der Tiere zum Durchlass
  • bei geringerer Leitwirkung müssen Tunnelabstände verringert werden
optimal:
  • vegetationsfreien Wanderebene von ca. 30 cm
  • senkrechter Übergang zur Wand
  • lange Elemente (=geringe Fugenzahl)
  • schmale Stoßfugen

Weitere Kriterien behandeln die bautechnische Eignung:

  • Einbau in die Böschung muss möglich sein (Überwanderung von der Straßenseite , keine reinen Sperren)
  • Stabilität beim Befahren oberhalb/unterhalb des Leitsystems muss gewährleistet sein
  • Eine Materialermüdung darf auch über einen langen Zeitraum von 20-30 Jahren trotz Einwirkung von Frost, Tausalz, Steinschlag, Böschungsdruck etc. nicht eintreten
  • Passgenaue Kombination mit anderen Bauteilen (Durchlässe, Gitteroste) erforderlich

Pflege:

  • Ziel: Aufwand möglichst minimieren
  • Vorteile der befestigten, breiten Laufebene: Vegetationsbrücken werden länger unterbunden; keine Mahd unmittelbar an der Wand erforderlich (geringe Gefahr der Beschädigung)
  • Je schmaler die Laufebene, desto höher der Pflegeaufwand (häufigere Mahd)
  • Die Mahd entlang der Ober bzw. –unterkante darf nicht durch Pfosten o.ä. behindert werden

Das Kapitel wird abgeschlossen mit einführenden Texten und ebenfalls typischen „Fallbeispielen“ (s/w-Zeichnungen) die „Regelanforderungen“: Handhabung und bautechnische Eignung und die biologische Eignung hinsichtlich der Sperr- und Leitwirkung (und weiter Kriterien) mit dem Baumaterial Gitterroste:
Regelanforderung Leitwirkung:

  • Kompromiss zwischen dem Schutz der Tiere und der Verkehrssicherheit (Effektivität bei Alt- und Jungtieren von 80 %
  • Lamellenabstand von 6 cm (gem. MAmS 2000)
  • Vertiefte Querstreben
  • Ausreichende Breite von min. 50 cm

Regelanforderung Sperrwirkung:

  • Hohe Effektivität
  • Rinnengestaltung ohne Ausrundungen
  • Keine offenen Vorsprünge im Bereich des Rostrandes

Verkehrsicherheit:

  • Sichere Verankerung als Schutz gegen seitliches Verrutschen (Verschraubung, Auflager etc.)

Bautechnik:

  • Anforderung wie bei Leiteinrichtung

Pflege:

  • Reinigung bei abnehmbaren Rostelementen erleichtert (Abwägung gegenüber einer sicheren Verschraubung)

Weitere Aspekte:

  • Anschlüsse an Leiteinrichtungen: gleiche Bauhöhen, keine überstehenden Leitsteinteile, höhengleicher und passgenauer Anschluß von Leitstein-Laufebene und Rinne
  • Kombination mit Durchlaß (Rost-Verankerung auf den Durchlass-Elementen)

Es folgt das umfangreiche Kapitel zum Thema: Umsetzung in die Praxis mit dem Anspruch: Nicht basteln sondern bauen! In diesem ebenfalls gut illustriertem Kapitel werden „Betrachtungen über Amphibiendurchlässe“ praxisorientiert vorgestellt und Fragen mit grundsätzlicher Bedeutung wiederum an Hand von Fallbeispielen erörtert, wie z.B. Rechteckdurchlass oder Rundprofil. In der gleichen Art werden dann die Betrachtungen über Leiteinrichtungen angestellt und die Aussage gemacht, das „die Schutzanlage nach Möglichkeit straßennah zu trassieren ist. Wenn möglich ist der straßenparallelen Anordnung der Leiteinrichtung immer der Vorrang einzuräumen!“

Im Kapitel 4 werden dann die eigentlichen „vergleichenden Untersuchungen“ an den auf dem Markt sich befindlichen Baumaterialien (ohne Metallsysteme) vorgestellt. Die Testanlage im NSG Weingartener Moor stand in der Untersuchungsphase 1996/1997 inmitten eines natürlichen Wanderkorridors, der von mehreren Arten (Teichmolch, Bergmolch, Erdkröte, Springfrosch, Grasfrosch und Teichfrosch) mit z.T. großen Populationsstärken (z.B. Springfrosch ca. 10 000 Tiere) liegt. Das NSG Weingartener Moor liegt im Bereich des östlichen Rheingraben-Randes in der Nähe zur Stadt Karlsruhe. Die Sommer- und Winterlebensräume der Arten befinden sich in den Wäldern der Hangschultern im Übergang zum Kraichgauer Hügelland. Die Laichgewässer befinden sich im Bereich der sog. Kinzig-Murg-Rinne, ein nacheiszeitliches Flusssystem, welches heute verlandetet ist. Hier liegen neben zahlreichen Kleingewässer das zentrale Laichgewässer „Weingartener Moor“ und der angrenzende „Grötzinger Baggersee“. Zwischen diesen Teiljahreslebensräumen findet ein intensives Wandergesehen statt, das durch die Bundesstraße 3 in ihrem Funktionsgefüge zerschnitten wird. An dieser B 3 befindet sich bereits, mit mobilen Schutzzaunvorgängereinrichtungen, seit 1981 eine stationäre Amphibienschutzanlage, die sukzessiv bis heute ausgebaut wurde. Ein weiterer Vorteil dieses Teststandortes sind nicht nur die über viele Jahre durchgeführten Aufzeichnungen über das Wandergeschehen der Amphibien an der B 3, die sich in unmittelbarer Nähe zur Testanlage befindet, sondern es wurden auch über viele Jahre weitergehende Studien im Gesamtraum des Untersuchungsraumes durchgeführt, so konnte man auf einer breiten Wissensbasis aufbauen.

Nach den oben genannten Kriterien: Sperrwirkung, Leitwirkung, Verkehrssicherheit, Bautechnik, Pflege und die „weiteren Aspekte“ wurden die Baumaterialien getestet. In Laichgewässer-Wanderrichtung der Alttiere gesehen erfolgte das Aufstellen zuerst der mobilen Zaunmaterialien und dahinter der dauerhaften Leitelemente, dazwischen erfolgte der Einbau der Gitterrote, innerhalb der Testanlage.
Alle Materialien wurden den Herstellerangaben gemäß auf- bzw. eingebaut. Die nächtlichen Beobachtungen der auf diese Testmaterialien hinzuwandernden Amphibien wurde durch eine Außenleuchtung mittels einer stationären Straßenleuchte, plus zwei regelbaren Halogenstrahlern unterstützt.
Bei der grundsätzlichen Anordnung der Prüfmaterialien wurde versucht den Tieren eine Durchwanderung der gesamten Testanlage zu ermöglichen. Deshalb wurden die einzelnen, jeweils 10 m langen Testelemente derart hintereinander angeordnet, das vom jeweiligen Ende eines Elements ein Erreichen der jeweiligen Mitte des nächsten Elements möglich war. Der Wanderung der Jungtiere gemäß wurde die Untersuchungsanlage jeweils folgendermaßen umgebaut: die mobilen Zäune wurden auf einer Länge von min. 5 m aufgestellt, die dauerhaften Leitelemente wurden ebenfalls gemäß der zum Bergwald gerichteten Wanderung ausgerichtet und weitere spezifische Aufstellungsmethoden so vorgenommen, das insgesamt gesehen, die Testmaterialien vergleichend betrachtet werden konnten, sowohl für die Alttier- als auch für die Jungtierwanderung. Zusätzliche wurden klimatische Messungen vorgenommen.

Die Ergebnisse wurden in zweierlei Hinsicht erarbeitet:

  • An den mobilen Schutzzäunen und den dauerhaften Leitelementen wurden Daten in Form gemessener Wanderzeiten, an den Gitterrosten in Form von Tierzahlen ermittelt. Diese Daten sind in den Ergebnis-Diagrammen für die jeweiligen Testmaterialien dargestellt worden.
  • Ergänzt werden diese Daten durch die Verhaltensbeobachtungen. Diese wurden teilweise parallel zu den Einzelmessungen protokolliert, zum Teil jedoch separat ohne Zeitmessung erhoben.
  • Zusätzlich wurden die typischen Verhaltensmuster der Amphibien Photodokumentiert und davon sind viele Aufnahmen in der Publikation eingearbeitet worden.
  • Im Verlauf der Untersuchung wurden insgesamt 1664 Tiere hinsichtlich ihres Verhaltens an den Testmaterialien beobachtet, hiervon konnten dann von 1459 Tieren Messungen ihrer individuellen Wanderzeiten bzw. Einfallquoten an den Gitterrosten für die Bewertung der Baumaterialien genutzt werden.

Folgende Materialien mit ihren Ergebnissen bezogen auf die biologische Eignung/ Sperr- und Leiteinrichtung erbrachte diese Untersuchung:
Leitwirkung: Sperrwirkung
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Mobile Zäune:
Astronet Amphibienzaun umfassende Schutzfunktionen
Amphibien-Schutzzaun Fa. Beilharz eingeschränkt eingeschränkt
Amphibienschutz-Zaun Fa. Coers eingeschränkt eingeschränkt
Sechseck-Drahtgefecht kaum gegeben gering
Amphibien- und Kleintierschutzzaun Fa. Zieger umfassende Schutzfunktionen
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Leitelemente:
Amphibien-Leitwand Fa. ACO (alt) eingeschränkt umfassend
Amphibien-Leitwand Fa. ACO (neu) umfassendende Schutzfunktionen
Amphibien-Leitwand Fa. Beiharz eingeschränkt umfassend
Amphibien-Leitstein Fa. Mall (L-Form) eingeschränkt umfassend
Amphibien-Leitstein Fa. Zieger (L-Form) umfassende Schutzfunktionen
Amphibien-Leitstein Fa. Zeiger (halbrund) umfassende Schutzfunktionen
Amphibien-Leitwand Fa. Zunklei umfassende Schutzfunktionen
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Gitterroste:
Amphibien-Stopprinne Fa. ACO eingeschränkt, umfassende Schutzfunktionen
Amphibien-Stopprinne Fa. ACO (neuer Rost) eingeschränkt, umfassende Schutzfunktionen
Gitterost Fa. Birko gering eingeschränkt
Gitterost Fa. Zieger (gem MamS) eingeschränkt, umfassende Schutzfunktionen

Innerhalb dieser Leit- bzw. Sperrwirkungseigenschaften der getesteten Materialien sind noch weitere Betrachtungen hinsichtlich des Effizienzgrades aufgelistet und zwischen Jung- und den Alttieren differenziert dargestellt. Eine eingehende Beschäftigung mit diesen Tabellen muss jeder selbst vornehmen um die geeigneten Baumaterialien für die „eigene“ Schutzanlage individuell zusammenstellen.
Hilfreich ist hierbei auch die im Anhang gelistete Übersicht aller getesteten Materialien. Nochmals werden hier in einer Art „Steckbrief“ nach folgender Matrix einheitlich gefasst:

  • die Biologische Eignung / Sperr- und Leitwirkung
  • die Bautechnische Eignung / Materialeigenschaften
  • die Pflege / Instandhaltung
  • der Preis / M
  • die Hinweise zur Produktoptimierung
  • weitere Bemerkungen

Abschließend ist dann noch eine fünfseitige tabellarische Übersicht über die „Vergleichende Beurteilung der untersuchten Baumaterialien“ durch die Ergebnisse der Untersuchung bzw. durch Erfahrungsbewertung angefügt. Ergänzende Daten zu den Test-Materialien fasst die letzte Seite.


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