Das Jahr des Feuersalamanders

Nov 14, 2015 by     Posted under: Amphib des Jahres 2016: Der Feuersalamander

Jahreszeitliche Aktivität

Die Jahresaktivität von Feuersalamandern hängt stark von der jeweiligen geographischen Lage, dem Lebensraum und vor allem den Wetterbedingungen ab. In den mittleren und nördlichen Teilen seines Verbreitungsgebiets zieht sich der Feuersalamander während der Wintermonate etwa ab November in geschützte Überwinterungsquartiere im Boden oder in Höhlen und Stollen zurück, wo er in eine Winterstarre verfällt. In milden und frostarmen Wintern können Feuersalamander gelegentlich aber auch außerhalb der Winterquartiere gefunden werden. Es gibt sogar Beobachtungen von Tieren auf Schneefeldern und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, zumeist trächtige Weibchen, die sich sehr früh auf den Weg zu den Larvengewässern machen. In Mitteleuropa verlassen Feuersalamander ihre Versteckplätze in der Regel bei mindestens 3–6 °C Lufttemperatur und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 75%. So beginnt die Aktivitätsphase bei steigenden Temperaturen und Niederschlagsmengen in den Monaten Februar oder März, meist mit den ersten zu den Larvengewässern wandernden Weibchen. Die Hauptphase mit dem Aktivitätsmaximum, in dem trächtige Weibchen die meisten Larven im Wasser absetzen, reicht von März bis Mai; bei entsprechenden Bedingungen können Weibchen aber das ganze Jahr über beim Absetzen ihrer Larven beobachtet werden. Ab Mai sind dann überwiegend Männchen aktiv, die sich auf die Suche nach einer geeigneten Fortpflanzungspartnerin machen. In den Sommermonaten (Juli bis September) sind im mitteleuropäischen Landlebensraum vor allem die zum Landleben umgewandelten, nun von den Larvengewässern abwandernden Jungtiere aktiv, wohingegen viele adulte Salamander eine Sommerpause einzulegen scheinen. In Mitteleuropa kommt es im Spätherbst oft zu einem zweiten Aktivitätsmaximum von larvenabsetzenden Weibchen, aber auch von umherwandernden Männchen und subadulten Tieren, was im Zusammenhang mit dem Aufsuchen von Überwinterungsquartieren steht. In Südeuropa beschränkt sich die oberirdische Aktivität des Feuersalamanders aufgrund der meist heißen und trockenen Sommermonate oft auf nur wenige Monate im Jahr. Die Hauptaktivität der Tiere findet dort während der Hauptniederschlagsperioden in den Herbst- und Wintermonaten statt, manchmal bis in das Frühjahr hinein. In dieser Zeit werden die Larven abgesetzt, und die Tiere paaren sich, bevor sie sich vor der Sommertrockenheit wieder in ihre unterirdischen Verstecke zurückziehen. In südlichen Gebirgspopulationen verbringen Feuersalamander auch die Wintermonate teilweise in Überwinterungsquartieren und zeigen somit oft eine sehr reduzierte Jahresaktivität.

Tageszeitliche Aktivität

Feuersalamander sind überwiegend nachtaktiv und verlassen meist erst bei Einbruch der Dunkelheit und entsprechend hoher Luftfeuchtigkeit ihre Verstecke, die sie in der Morgendämmerung wieder aufsuchen. Während der nächtlichen Streifzüge suchen die Tiere vorwiegend nach Nahrung, zur Paarungszeit auch nach Fortpflanzungspartnern. Die tageszeitliche Aktivität der Salamander hängt insbesondere von geeigneten Klimabedingungen ab: In den Sommermonaten sind die meisten Tiere bei einer relativen Luftfeuchte von mehr als 90%, bei Temperaturen zwischen 8 und 12 °C (maximal 23 °C) sowie Windstille aktiv. In regnerischen Nächten und nach Gewittern sind daher besonders viele Feuersalamander zu beobachten. Obwohl sie eine geringe Lichteinstrahlung bevorzugen, können aktive Tiere bei guten Witterungsverhältnissen (erster Regen nach längerer Trockenphase) zu jeder Tageszeit gefunden werden. Direkte Sonneneinstrahlung wird aufgrund der Austrocknungsgefahr allerdings gemieden. Während langer Trockenperioden und bei starkem Wind bleiben die Tiere ebenfalls in ihren Tagesverstecken.

Paarung und Fortpflanzung

Männchen auf Brautschau, Foto: S. Schleich

Männchen auf Brautschau, Foto: S. Schleich

In Mitteleuropa ist der Fortpflanzungszyklus der Feuersalamander einjährig, wobei Paarungen fast das ganze Jahr über beobachtet werden können. Meist beginnen die Paarungsaktivitäten im März und dauern bis in den September hinein an, je nach Region mit einem Höhepunkt im Juni und Juli, manchmal aber auch erst im September. Feuersalamander paaren sich im Landlebensraum und meist bei Regen. Es wird häufig beobachtet, dass die Männchen in aufgerichteter Stellung an einem exponierten Platz, von wo aus sie einen guten Überblick haben (oft auf Verkehrswegen), nach Weibchen Ausschau halten. Hier kommt es gelegentlich auch zu kurzen Rivalenkämpfen zwischen den Männchen. Hat ein Männchen ein paarungsbereites Weibchen entdeckt, wird dieses verfolgt, und das Männchen versucht, mit dem Kopf voran von hinten unter das Weibchen zu kriechen. Gelingt ihm das, so umklammert es mit seinen Vorderbeinen die Vorderextremitäten des Weibchens und reibt durch Kopf- oder Schwanzbewegungen am Kinn und an der Körperunterseite der Partnerin, um sie in Paarungsstimmung zu bringen.

Während der Paarung umklammert das Männchen das Weibchen von unten an den Vorderbeinen, Foto: B. Trapp

Während der Paarung umklammert das Männchen das Weibchen von unten an den Vorderbeinen, Foto: B. Trapp

Weibchen beim Absetzen der Larven

Weibchen beim Absetzen der Larven

Während der Umklammerung setzt das Männchen ein Samenpaket (Spermatophore) am Boden ab und bewegt seinen Hinterkörper anschließend seitlich weg, sodass das Weibchen die Spermatophore nun durch seine Kloakenöffnung aufnehmen kann. Meist kommt es innerhalb der nächsten Tage zur inneren Befruchtung der Eier im Mutterleib. Die Befruchtung ist zeitlich jedoch unabhängig von der Paarung, da die Weibchen die Spermien bis zu zwei Jahre in einer speziellen Samentasche (Spermathek) befruchtungsfähig aufbewahren können. Verwandtschaftsanalysen haben gezeigt, dass die von einem Weibchen gleichzeitig abgesetzten Larven von mehreren Vätern abstammen können. Die Embryonalentwicklung findet innerhalb der Eihüllen im Körper der Mutter statt, bis die schon weit entwickelten Larven in geeignete Gewässer abgesetzt werden. Die Eihäute werden von der kiementragenden Larve meist kurz vor, selten auch während oder kurz nach der Geburt durchbrochen. Die schlupfreifen Larven können auch über einen längeren Zeitraum im Mutterleib zurückgehalten werden. Vor allem in Höhlengewässern kommt es vermehrt im Herbst und im Winter zur Larvenablage. Zum Absetzen der Larven sucht das Weibchen meist den strömungsarmen Uferbereich eines Baches auf und taucht seinen Hinterleib ins Wasser, um zwischen zehn und 70 Larven gleichzeitig oder über mehrere Nächte verteilt zu entlassen. Im Durchschnitt werden pro Weibchen etwa 30 Larven in ein oder mehrere Gewässer abgesetzt.

"Schlupf" der Larven 1, Foto: R. Weidlich

„Schlupf“ der Larven 1, Foto: R. Weidlich

"Schlupf" der Larven 2

„Schlupf“ der Larven 2, Foto: R. Weidlich

"Schlupf" der Larven 3, Foto: R. Weidlich

„Schlupf“ der Larven 3, Foto: R. Weidlich

 

 

 

 

 

 

"Schlupf" der Larven: machmal auch mit dem Schwanz voran, Foto: R. Weidlich

„Schlupf“ der Larven: machmal auch mit dem Schwanz voran, Foto: R. Weidlich

"Schlupf" der Larve abgeschlossen, Foto: R. Weidlich

„Schlupf“ der Larve abgeschlossen, Foto: R. Weidlich

 

 

 

 

 

 

Larve mit typischen Außenkiemen und gelblichen Flecken an den Beinansätzen, Foto: A. Kwet

Larve mit typischen Außenkiemen und
gelblichen Flecken an den Beinansätzen, Foto: A. Kwet

 

Die Entwicklung der Larven im Wasser dauert in Mitteleuropa etwa 2–5 Monate. Im Wesentlichen hängt die Dauer der aquatischen Larvenphase vom Habitat beziehungsweise vom Nahrungsangebot und von der Temperatur ab. Bei höheren Wassertemperaturen ist die Entwicklung der Larven früher beendet, bei schlechtem Nahrungsangebot und tiefen Temperaturen kann sie im Extremfall jahrelang dauern. Feuersalamanderlarven können vor allem durch die auffälligen hellgelblichen Flecken an den vier Beinansätzen von den Larven anderer heimischer Schwanzlurche gut unterschieden werden. Die schwarzgelbe Zeichnung der landlebenden Feuersalamander entwickelt sich bei den zunächst grau- bis gelbbraunen Larven nach und nach. Erst kurz vor Ende der Metamorphose prägt sich die charakteristische Fleckenzeichnung aus, es haben sich nun funktionsfähige Lungen entwickelt, und die Außenkiemen bilden sich zurück. Meist von Mitte Juni bis September gehen die frisch metamorphosierten, etwa 5–7 cm langen Jungtiere an Land, wo sie zuerst im Uferbereich verweilen, bevor sie den angrenzenden Wald besiedeln. Erst nach 4–6 Jahren werden Feuersalamander geschlechtsreif. Das Entlassen von kiementragenden, weit entwickelten Larven in Gewässern – wie beim einheimischen Feuersalamander – ist die häufigste Reproduktionsform dieser Art. Es gibt jedoch auch Unterarten, speziell in Spanien, die – je nach Situation – vollständig entwickelte, lungenatmende Jungtiere an Land zur Welt bringen oder kiementragende Larven im Gewässer absetzen können. Durch die Anpassung an einen gewässerärmeren Lebensraum kann sich der Feuersalamander in manchen Gebieten also unabhängig vom Wasser fortpflanzen. Bei Gebirgspopulationen wie in den Pyrenäen kann der Fortpflanzungszyklus des Feuersalamanders auch zweijährig sein.

Die Nahrung des Feuersalamanders und seiner Larven

Nacktschnecken gehören zum Nahrungsspektrum, Foto: R. Weidlich

Nacktschnecken gehören zum Nahrungsspektrum, Foto: R. Weidlich

Sowohl Larven als auch juvenile und adulte Feuersalamander sind karnivor und dabei Nahrungsgeneralisten. Eine Vielzahl von Beobachtungen hat gezeigt, dass die Beutewahl der Tiere im Wesentlichen vom Nahrungsangebot im Lebensraum abhängt und dass Feuersalamander im Prinzip jede Beute fressen, die sie überwältigen können. Adulte Salamander verzehren bevorzugt Nacktschnecken, Spinnen, Tausendfüßer, Käfer, Raupen und Regenwürmer, wobei Jungtiere entsprechend ihrer Größe durchschnittlich kleinere Beutetiere fressen. Oft greifen Feuersalamander ihre Beute mit den Kiefern, seltener auch mit der leicht klebrigen Zunge, die etwa 1 cm weit aus dem Maul „geschleudert“ werden kann. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei der Nahrungssuche neben der guten visuellen Wahrnehmung auch der Geruchs- und Tastsinn eine Rolle spielen. Es gibt Hinweise, dass Feuersalamander unregelmäßig Nahrung zu sich nehmen und längere Zeit auch ohne Nahrung in ihren Verstecken verweilen können.

Kannibalismus unter den Larven ist nicht selten, Foto: B. Trapp

Kannibalismus unter den Larven ist nicht selten, Foto: B. Trapp

Den Larven des Feuersalamanders dienen je nach Vorkommen vor allem Bachflohkrebse und wasserlebende Insektenlarven wie Steinfliegen- und Eintagsfliegenlarven, seltener kleine Köcherfliegenlarven als Nahrung, in Stillgewässern auch Bachröhrenwürmer, Wasserflöhe oder ins Wasser gefallene landlebende Wirbellose; bei überwinternden Feuersalamanderlarven kommen andere Amphibienlarven wie Grasfroschkaulquappen hinzu. Bei gemeinsamen Vorkommen mit Molchen können den größeren Salamanderlarven auch jüngere Molchlarven zur Beute fallen. Häufig wurde sogar Kannibalismus unter den Larven des Feuersalamanders beobachtet, der im Zusammenhang mit einer geringen Beutetieranzahl (wie in unterirdischen Gewässern) und großer Larvendichte steht. Die Nahrungsaufnahme der Larven erfolgt stets unter Wasser, indem die Beute durch Saugschnappen gefangen wird.

 

Wer frisst Feuersalamander?

Ringelnattern zählen zu den seltenen Fressfeinden, Foto: A. Kwet

Ringelnattern zählen zu den seltenen Fressfeinden, Foto: A. Kwet

Durch ihre Hautgifte sind adulte Feuersalamander für die meisten Räuber eher ungenießbar, weshalb die überwiegend nachtaktiven Amphibien nur wenige natürliche Fressfeinde haben. Zu den bekannten Feinden zählen beispielsweise Igel, Dachse, Wildschweine, Ratten sowie verschiedene Vogel- und Schlangenarten (vor allem Ringelnattern), wobei Letztere aufgrund ihrer meist tagaktiven Lebensweise wohl eher die Ausnahme sind. Über die Fressfeinde juveniler Tiere ist wenig bekannt. Wahrscheinlich werden sie von ähnlichen Räubern gefressen wie adulte Feuersalamander; hinzu kommen beispielsweise Spitzmäuse und größere Laufkäfer, die adulten Tieren nicht gefährlich werden können. Die Wirksamkeit des Hautgifts ist bei Jungtieren nur schwach ausgeprägt und entwickelt sich erst im Laufe der Jugendentwicklung vollständig. Während der Paarungszeit der Erdkröten im Frühjahr können einzelne Feuersalamander im Laichgewässer auch durch Fehlpaarungen klammernder Erdkrötenmännchen ertränkt werden.

Feuersalamander sind schon im zeitigen Frühjahr aktiv, manchmal kommt es dann zu Fehlpaarungen durch klammernde Erdkrötenmännchen, Foto: U. Schulte

Feuersalamander sind schon im zeitigen Frühjahr aktiv,
manchmal kommt es dann zu Fehlpaarungen durch klammernde
Erdkrötenmännchen, Foto: U. Schulte

Feuersalamanderlarven sind deutlich stärker als adulte Tiere gefährdet, von Feinden erbeutet zu werden. In fischfreien Quellbächen zählen vor allem große Libellenlarven und Flusskrebse zu den Fressfeinden der Larven. Auch an Land lebende und im flachen Wasser jagende Wirbeltiere wie die Wasserspitzmaus sowie verschiedene Vögel (zum Beispiel Wasseramsel, Amsel, Singdrossel) und Schlangen können gelegentlich Larven erbeuten. Mit zunehmender Fließgeschwindigkeit (z. B. bei Hochwasser) werden Salamanderlarven häufig in Bereiche abgedriftet, in denen räuberische Fische wie Bach- und Regenbogenforellen oder Groppen vorkommen, die einen hohen Prädationsdruck auf die Larven ausüben. In Stillgewässern werden Salamanderlarven vor allem von räuberischen Wasserkäfern, -wanzen und deren Larven sowie von Libellenlarven, aber auch von Molchen und – bei hoher Larvendichte und schlechten Nahrungsverhältnissen – von den älteren Larven der eigenen Art gefressen.

 

 

 

Überwinterung und Überwinterungsquartiere

Nicht selten nutzen zahlreiche Feuersalamander das gleiche Winterquartier, Foto: A. Kwet

Nicht selten nutzen zahlreiche Feuersalamander das gleiche Winterquartier, Foto: A. Kwet

Altholz eignet sich gut als Winterquartier

Altholz eignet sich gut als Winterquartier

Je nach Witterung suchen Feuersalamander meist im Spätherbst, ab Mitte Oktober bis Mitte November, ihre Winterquartiere auf, die meist in der Nähe der Sommerlebensräume liegen. Oft werden aber auch größere Entfernungen zwischen Sommer- und Überwinterungsquartier zurückgelegt. Die Winterquartiere ähneln in Mitteleuropa den Tagesverstecken, wobei sich die Tiere noch tiefer in möglichst frostsichere Bereiche zurückziehen. Typische Überwinterungsplätze sind Hohlraumsysteme im Waldboden, im Böschungsbereich der Fortpflanzungsgewässer oder von Gräben und Wegrändern, aber auch Kleinsäugerbaue oder Höhlungen zwischen Baumwurzeln, Fels- und Mauerspalten, alte Bergwerksstollen, natürliche Höhlen und in besiedelten Gebieten gelegentlich auch Gebäudekeller.

 

Typisches Überwinterungsquartier, Foto: B. Trapp

Typisches Überwinterungsquartier, Foto: B. Trapp

In Höhlen, alten Stollen und Kellerräumen, wo überwinternde Feuersalamander häufig gefunden werden, herrschen relativ konstante Temperaturen von 9–12 °C und eine hohe relative Luftfeuchtigkeit. Bei der Wahl ihrer Winterquartiere zeigen viele Tiere eine hohe Ortstreue. Auffällig ist außerdem, dass einzelne Überwinterungsquartiere oft von einer großen Anzahl von Salamandern, manchmal mehreren hundert Tieren, genutzt werden.

 

 

Textautoren: Philine Werner, Ulrich Schulte & Axel Kwet
Auch nachzulesen in der Aktionsbroschüre (hier als pdf-Datei erhältlich)

 

 

 


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