Die Jahrestagung 2017
31. Jahrestagung der AG Feldherpetologie und Artenschutz zur Blindschleiche – Reptil des Jahres 2017
Erstmals in der Geschichte der DGHT-AG Feldherpetologie und Artenschutz fand die nun bereits 31. Jahrestagung in Bayern statt, genauer gesagt in Oberfranken an der Universität Bayreuth. Dank bestehender Kontakte zum Ökologisch-Botanischen Garten und dank der tatkräftigen
Unterstützung durch DGHT-Mitglied Harry Wölfel und den Terrarienclub Bayreuth und Umgebung e. V. ließ sich diese Tagung in Zusammenarbeit mit dem NABU-Bundesfachausschuss Feldherpetologie/Ichthyofaunistik hier wunderbar durchführen. Bereits am Freitagabend bestand die Möglichkeit, sich zum Kennenlernen oder Wiedersehen in gemütlicher Atmosphäre AG Feldherpetologie und Artenschutz im italienischen Restaurant „Gott´s“ zu treffen. Diese Gelegenheit nahmen erfreulicherweise schon viele Tagungsteilnehmer wahr.
Am Samstagmorgen eröffnete dann Dirk Alfermann die Tagung, zu der insgesamt 63 Teilnehmer vor allem aus Deutschland, aber auch aus Österreich und den Niederlanden, angereist waren. Nachdem Axel Kwet zunächst einen allgemeinen Überblick über die Blindschleiche sowie die DGHT-Aktion „Reptil/Lurch des Jahres“ gegeben hatte, folgte Alexander Kupfer vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart mit einem umfassenden Einführungsvortrag über die Familie der Schleichen und die Blindschleiche im Speziellen. Die sich anschließende Kaffeepause bot ausreichend Raum und Zeit, erste Fachgespräche zu führen oder sich dem sehr umfassenden Buchprogramm, das traditionell die Buchhandlung Chimaira präsentierte, zu widmen. Bis zur Mittagspause folgten dann, wie üblich bei AG-Tagungen, die sich gezielt einer Art widmen, Übersichtsvorträge über die Verbreitung und Bestandsituation der Blindschleiche in einzelnen Bundesländern, zunächst in Niedersachsen, Thüringen und Hessen.
Kurz vor der Mittagspause erfolgte im Kreise der Tagungsgäste die „halboffizielle“ Verkündung des „Lurchs des Jahres 2018“ durch DGHT-Vizepräsident Axel Kwet. Die Wahl war bereits während der letztjährigen Mitgliederversammlung in Basel auf den Grasfrosch (Rana temporaria) gefallen, und der Ressortverantwortliche bedankte sich bei allen Akteuren und Helfern der Aktion 2018, die z. T. auch selbst auf der Tagung anwesend waren, namentlich bei: Arno Geiger, Andreas Kronshage und Martin Schlüpmann (allgemeiner Text der Broschüre), Florian Glaser, Gerda Ludwig und Silke Schweiger (österreichisches Kapitel seitens der ÖGH), Silvia Zumbach und Benedikt Schmidt (schweizerisches Kapitel seitens der karch), Roland Proess und Alain Frantz (luxemburgisches Kapitel seitens des Musée Nationale d`Histoire Naturelle), Sascha Schleich (Bundesfachausschuss Feldherpetologie & Ichthyofaunistik des NABU), Tiergarten Nürnberg (Hauptsponsor und -unterstützer der Aktion 2018), Tiergarten Schönbrunn in Wien (Nebensponsor), Richard Podloucky (Textkorrekturen, Bildauswahl), Dirk Alfermann und Andreas Nöllert (weitere Textanmerkungen), Andreas Mendt (Verbreitungskarte, Logistik), Andi Meyer, Benny Trapp und weitere Bildautoren, ebenso Angelika und Siegfried Troidl (Layout des Posters) sowie Darina Schmidt (Gestaltung der Broschüre und des Flyers).
Nach der Mittagpause folgten weitere Übersichtsvorträge aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern. Dabei wurde immer wieder deutlich: Die Blindschleiche ist durchaus weit verbreitet, aber meist handelt es sich um Zufallsfunde einzelner Individuen, die dann im Laufe der Zeit zusammengetragen und zu einem Verbreitungsbild (meist Rasterdatenkarten) zusammengesetzt werden. Über die Art selbst ist im jeweiligen Bundesland meist nur wenig bekannt. Eine Ausnahme bildete der Vortrag von Andrea Welsch & Martin Schlüpmann über die Beobachtungen an einer Blindschleichenpopulation in Mülheim an der Ruhr. Hier werden seit 2013 mithilfe Künstlicher Verstecke (KV) die Blindschleichenpopulationen in drei verhältnismäßig kleinen Untersuchungsgebieten erfasst. Während in einer Region im Untersuchungszeitraum immer nur einzelne bis wenige Tiere nachgewiesen werden konnten, ragte ein Gebiet besonders heraus: Am Mintarder Berg konnten über die Jahre hinweg zwischen vielen Hundert bis zu knapp 1.050 Tiere pro Jahr entdeckt werden. Nach Abschluss des ersten Tagungstages mit dem Länderbeitrag der Gastgeber aus Bayern folgte die gut zweistündige Mitgliederversammlung der AG, in deren Rahmen auch die Wahlen des Leitungsgremiums anstanden. Im Namen des DGHT-Präsidiums und des AG-Vorstandes verabschiedete Axel Kwet den langjährigen Sprecher der AG Feldherpetologie und Artenschutz, Richard Podloucky, der nicht mehr zur Wahl antrat, und dankte ihm für 26 Jahre AG-Leitung und fast ein halbes Jahrhundert ehrenamtliche Tätigkeit in der DGHT (siehe hierzu Beitrag in der nächsten Ausgabe von „DGHT Intern“). Die AG-Leitung dankte zudem Daniela Dick, die während ihrer sechsjährigen Zugehörigkeit zum Leitungsgremium die AG-Homepage erstellt und online gebracht hatte. Auch sie trat nicht mehr zur Wahl an. Auf die vier zu besetzenden Posten der AG-Leitung wurden einstimmig und ohne Gegenstimmen Dirk Alfermann und Arno Geiger aus der bisherigen AG-Leitung wiedergewählt. Neu ins Team wählten die anwesenden Mitglieder Klaus Henle und in Abwesenheit für die Betreuung der AG-Homepage Peter Pogoda. Die Wahl gilt für die kommenden fünf Jahre.
Den traditionellen geselligen Abend verbrachten die Tagungsteilnehmer im Zentrum von Bayreuth: im „Oskar“, dem Wirtshaus am Markt. Mit fränkischer Küche, regionalen Speisen und lokalen Bierspezialitäten aus dem Landstrich mit der größten Brauereidichte der Welt ließ sich hier ein wunderbarer Abend mit intensiven Gesprächen verbringen – auch abseits der Feldherpetologie.
Den zweiten Tagungstag eröffnete Eric Egerer aus Österreich mit seinem Film über Beobachtungen von Anguis cephallonica auf der Peloponnes und A. fragilis in Niederösterreich. In gewohnt professioneller Art kommentierte Eric seine Aufnahmen, die manchen bislang seltenen und teils detaillierten Einblick in Verhaltensformen wie z. B. das Fressen von Nacktschnecken (insbesondere eindrucksvolle Sequenzen zum Verzehr eines großen Tigerschnegels) und in die Biologie der beiden Anguis-Arten ermöglichten. Es folgten Vorträge zur Verbreitung und Situation der Blindschleiche in Österreich und den Niederlanden. Besonders interessant war dabei, dass unsere niederländischen Nachbarn bereits seit 24 Jahren für die Blindschleiche ein regelmäßiges Monitoring durchführen. Am Ende der Tagung folgten nochmals zwei regionale Vorträge über die Blindschleiche im Raum Leipzig (Westsachsen) und in Hagen (Nordrhein-Westfalen).
Die sich anschließende gut 45-minütige rege Abschlussdiskussion, während der Aspekte zu Todfunden, der Annahme von Querungshilfen (Tunnel oder Grünbrücken), der Auswirkung von Prädatoren wie Hauskatzen und Wildschweinen auf lokale Bestände sowie der Blindschleichen-Erfassung mithilfe neuer digitaler Programme und durch Monitoringverfahren thematisiert wurden, machte deutlich, dass eine sehr lohnende, fruchtbare Fachtagung zur Blindschleiche zu Ende ging. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass es auch bei solchen allgemein häufigen und weit verbreiteten Arten wie der Blindschleiche durchaus sinnvoll und sehr wichtig ist, spezifische Fachtagungen durchzuführen.
Im kommenden Jahr findet vom 24.–25. November 2018 in Münster die 32. internationale Fachtagung der AG Feldherpetologie und Artenschutz statt. Zu dieser Veranstaltung sind schon jetzt alle herzlich eingeladen (siehe hier).
Text: Dirk Alfermann & Arno Geiger
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