Nistplatzwahl der Unechten Karettschildkröte

Dez 18, 2012 by     Posted under: Geförderte Projekte 2011

Projektdurchführung: Jana Behnke & Veit Henning
Fördersumme: 1.785 Euro Originaltitel:

Untersuchungen zur Nistplatzwahl der Unechten Karettschildkröte in Rethymnon (Kreta, Griechenland)

Spur ins Wasser

Spur ins Wasser

Von den drei im Mittelmeerraum vorkommenden Meeresschildkrötenarten – der Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta), der Lederschildkröte (Dermochelys coriacea) und der Suppenschildkröte (Chelonia mydas) – nisten nur die Unechten Karettschildkröten an den Stränden Griechenlands. Einer ihrer Hauptniststrände befindet sich im Norden Kretas, in der zwölf Kilometer langen Bucht von Rethymnon (Margaritoulis 2001). Rethymnon ist mit über 400.000 Besuchern jährlich eines der höchstfrequentierten Touristenziele Kretas und wird stark durch menschliche Präsenz im gesamten Gebiet beeinflusst. Obwohl die Niststrände Rethymnons Teil des NATURA 2000 Netzwerkes und somit einem besonderen Schutzstatus unterstellt sind (Panagopoulou &  Dimopoulos 2002), sind sie fortwährend den Auswirkungen des Tourismus ausgesetzt. Ein Großteil des Strandes ist während der Nacht hell erleuchtet und wird zudem durch Liegestühle blockiert, die den weiblichen Schildkröten den Weg zu ihren Niststellen versperren und so die Nistplatzverfügbarkeit stark reduzieren.

Nest der Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta)

Nest der Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta)

Die Sensitivität von Meeresschildkröten gegenüber Stressoren bei der Nistplatzwahl ist gut dokumentiert. Vor allem die Präsenz künstlicher Lichtquellen wurde als Störfaktor für die Nistaktivität der Weibchen identifiziert (Witherington & Martin 2000). Geht man davon aus, dass Meeresschildkröten ihre Nistplätze aufgrund günstiger Standorteigenschaften für sicheres Nisten und die Produktion fertiler Nachkommen aussuchen, dann kann die Lichtbelastung an Niststränden als Faktor angesehen werden, der sie in suboptimale Nisthabitate zwingt (Witherington & Martin 2000). Menschliche Aktivitäten an Niststränden führen somit zu der Vernachlässigung von Umweltfaktoren, die als maßgeblich für die Nistplatzwahl identifiziert wurden, wie das Strandprofil (Breite und Erhöhung), Strukturen hinter dem Strand, die Sandbeschaffenheit und die Sandtemperatur (Wood & Bjorndal 2000, Margaritoulis 2005). Da Meeresschildkröten zum Nisten immer an ihren Geburtsstrand zurückkehren, ist es von essenzieller Bedeutung, die Niststrände zu schützen und zu erhalten. Aus diesem Grund wird seit 1990 ein Monitoring- und Nestmanagementprogramm in Rethymnon durch die Organsisation ARCHELON, der Gesellschaft zum Schutz der Meeresschildkröten in Griechenland, durchgeführt. ARCHELON ist eine hauptsächlich ehrenamtliche Organisation, und ihre Arbeit konzentriert sich auf das Einzäunen von Nestern zum Schutz vor Strandnutzern, das Beschatten der Nester gegen künstliche Lichtquellen, um eine korrekte Orientierung der Jungen zu gewährleisten, und das Involvieren von Ansässigen und lokalen Autoritäten in Managementaktivitäten (Casale & Margaritoulis 2010).

Ausmaß des Tourismus an den Niststränden Rethymnons

Ausmaß des Tourismus an den Niststränden Rethymnons

Die von mir geplante Studie wird in enger Koorperation mit ARCHELON durchgeführt und beschäftigt sich mit der Interaktion zwischen menschlichen Einflüssen und Umweltfaktoren bei der Nistplatzwahl sowie einer damit verbundenen Einschätzung der Tragweite anthropogener Einflüsse. Es sollen zunächst die Faktoren identifiziert werden, die maßgeblichen Einfluss auf die Nistplatzwahl der Unechten Karettschildkröten in Rethymnon haben. Hierfür kommen als natürliche Faktoren die Sandstruktur und -temperatur, die Breite und Steigung des Strandes und die Höhe und Art der Strukturen hinter dem Strand, wie Vegetation, Dünen, Gebäude und Klippen in Frage. Zu den anthropogenen Einflüssen zählen die Intensität der Beleuchtung und die Strandnutzung, zum Beispiel durch Liegestühle. Die Aufnahme der Daten erfolgt im Rahmen von Inspektionen entlang des Strandes mit Hilfe konventioneller und innovativer Methoden und Geräte. Sämtliche Daten werden in ein geografisches Informationssystem (GIS) implementiert, um die Ergebnisse darzustellen und weiterführende räumliche Analysen zu ermöglichen. Da in Labor- und Freilandexperimenten bewiesen werden konnte, dass Meeresschildkröten nicht gleich sensibel auf alle Wellenlängen des Lichts reagieren (Levenson et al. 2004, Witherington 1992), ist ein besonderer Aspekt meiner Arbeit die Relevanz der spektralen Zusammensetzung künstlicher Lichtquellen bei der Nistplatzwahl. Mit der Förderung aus dem Hans-Schiemenz-Fond Inspektionen entlang des Strandes mit Hilfe konventioneller und innovativer Methoden und Geräte. Sämtliche Daten werden in ein geografisches Informationssystem (GIS) implementiert, um die Ergebnisse darzustellen und weiterführende räumliche Analysen zu ermöglichen. Da in Labor- und Freilandexperimenten bewiesen werden konnte, dass Meeresschildkröten nicht gleich sensibel auf alle Wellenlängen des Lichts reagieren (Levenson et al. 2004, Witherington 1992), ist ein besonderer Aspekt meiner Arbeit die Relevanz der spektralen Zusammensetzung künstlicher Lichtquellen bei der Nistplatzwahl. Mit der Förderung aus dem Hans-Schiemenz-Fond der DGHT konnte ein mobiles Spektralphotometer für diesen Teil der Analyse erworben werden. Die Ausprägung der untersuchten Faktoren wird im Folgenden mit der Nestdichte und mit der Anzahl erfolgloser Nistversuche an den einzelnen Strandabschnitten korreliert, um so die Zusammenhänge aufzudecken, die zu der Auswahl eines Nistplatzes führen. Schließlich sollen die Ergebnisse als Grundlage für die Entwicklung und Etablierung geeigneter Managementmaßnahmen – wie zum Beispiel Richtlinien für die Verwendung von Leuchtmitteln an Niststränden von Meeresschildkröten – genutzt werden. Des Weiteren sollen die wichtigsten Nistareale in der Bucht von Rethymnon identifiziert werden, um sie unter einen besseren Schutz zu stellen und so das Überleben und den Fortbestand der kretischen Population Unechter Karettschildkröten zu gewährleisten.

Literatur

  • Casale, P. & D. Margaritoulis (2010): Sea turtles in the Mediterranean. Distribution, threats and conservation priorities. – IUCN, Gland, 294 S.
  • Levenson, D., S. Eckert, M. Crognale , J. I. Deegan & G. Jacobs (2004): Photopic spectral sensitvity of green and loggerhead sea turtles. – Copeia 2004(4): 908–911.
  • Margaritoulis, D. (2001):  Conservation perspectives of the major critical nesting habitats of Caretta caretta in Greece. – Proceedings of the first Mediterranean conference on marine turtles: 116-119.
  • Margaritoulis, D. (2005): Nesting activity and reproductive output of loggerhead sea turtles,  Caretta caretta, over 19 seasons (1984–2002) at Laganas Bay, Zakynthos, Greece: the largest rookery in the Mediterranean. – Chelonian Conservation and Biology 4: 916–929.
  • Panagopoulou, A. & D. Dimopoulos (2002): Five Years of implementing management policies for the protection of sea turtles on Crete: an evaluation. – Proceedings of the twenty-second annual symposium on sea turtle biology and conservation: 108- 109.
  • Witherington, B. E. (1992): Behavioral responses of nesting sea turtles to artificial lighting. – Herpetologica 48(1): 31-39.
  • Witherington, B. E. & R. E. Martin (2000): Understanding, assessing and resolving light pollution problems on sea turtle nesting beaches. – Florida Marine Research Institute, Florida, 73 S.
  • Wood, D. W. & K. A. Bjorndal (2000): Relation of temperature, moisture, salinity, and slope to nest site selection in loggerhead sea turtles. – Copeia 2000(1): 119-128.

Autorin: Jana Behnke

Artikel wurde veröffentlicht in der DGHT-Mitgliederzeitschrift: elaphe 3-2011

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