Artensteckbrief Bergmolch
Ein europäischer Schwanzlurch mit tropischer Farbenpracht
Text: Dr. Ulrich Schulte, Andreas Nöllert
Kennzeichen: Kleinerer (Männchen) bis mittelgroßer, kräftiger (Weibchen) Wassermolch; Bauchfärbung orangerot bis gelblich, zumeist ohne dunkle Flecken; Haut während des
Wasseraufenthaltes glatt, während des Landaufenthaltes samtartig, leicht granuliert, trocken und wasserabweisend; Kopf etwas breiter als lang, Kopfoberseite glatt, ohne Längsfurchen; Mund breit und abgerundet; Oberlippenfalten während des Wasseraufenthaltes nur im hinteren Bereich, Kehlfalte gut sichtbar. Größe: Gesamtlänge (GL) Männchen 71–92 mm, Weibchen 70–120 mm; Kopf-Rumpf- Länge (KRL) Männchen 41–53 mm, Weibchen 48–62 mm.
Geschlechtsunterschiede: Deutliche Geschlechtsunterschiede hinsichtlich Färbung, Zeichnung und Größe, sowohl in Wasserals auch in Landtracht.
Wassertracht: Männchen mit großem Blauanteil im Farbkleid; niedriger, schwarzgelblich/ schwarz-weiß gebänderter Rückenleiste (Rückenkamm) und Seitenband aus auffällig schwarz-weißem Gittermuster, das bauchwärts durch ein blaues Längsband von der fleckenlosen warnfarbigen Bauchseite begrenzt ist. Kloake stark erbsenförmig gewölbt. Weibchen ohne Rückenleiste, oberseits und an Körperflanken mit grauem, bläulichem, grünlichem oder bräunlichem Marmormuster; Gittermuster an Kopfseiten und Körperflanken weniger kontrastreich und deutlich, grenzt zumeist ohne blaues Flankenband direkt an die fleckenlose, leuchtend orange (als Warnfarbe dienende) Bauchseite. Kloake linsenförmig, nicht stark gewölbt.
Landtracht: Färbung beider Geschlechter dunkler und Zeichnungsmuster weniger deutlich als in Wassertracht. Rückenleiste der Männchen noch sichtbar, aber niedriger; Gittermuster des Seitenbandes undeutlicher; Kloake weniger stark gewölbt. Weibchen zum Teil oberseits nahezu schwarz; Gittermuster noch undeutlicher als in Wassertracht.
Larven: Dunkle Pigmentierung vor allem an den Rändern der Schwanzflossensäume und der spitz zulaufenden Schwanzspitze. Marmorierung auf dem Rücken größerer Larven.
Jahreszyklus: Dauer der Kältestarre, Zeiten der Zu- und Abwanderung sowie Verweildauer im Fortpflanzungsgewässer sind von der geografischen Lage, der Höhenlage des Vorkommens, der Geländetopografie sowie den aktuellen lokalklimatischen Bedingungen abhängig. Die Zuwanderung im Kottenforst bei Bonn (195 m ü. NN) erfolgt beispielsweise ab Mitte Februar bis Mitte Mai, im Firstmoor in Kärnten (1.920 m ü. NN) Mitte Mai bis Anfang Juli. Abwanderung im Kottenforst Mitte Mai bis Ende August, im Firstmoor Ende Juni bis Anfang November. In Südeuropa oft ganzjährig im Gewässer. Neotene bzw. pädomorphe Populationen (Dauerlarven) ebenfalls ganzjährig im Wasser.
Aktivität: Zur Fortpflanzungszeit Aktivitätsspitzen in der Morgen- und Abenddämmerung, Nahrungsaufnahme häufig nachts. Während des Landaufenthaltes nacht- und bei Niederschlägen auch tagaktiv. Fortpflanzung: Komplexes Balz- und Spermaübergabe- Verhalten aus drei Hauptphasen, Orientierung – Statische Werbung – Übergabe der Spermatophore (innere Befruchtung), wie im Kapitel „Das komplexe Fortpflanzungsverhalten“ (S. 19) geschildert.
Wanderdistanzen: Anwanderung an die Gewässer gewöhnlich aus 100–1.000 m Entfernung; bislang belegtes Maximum 4 km. Alter: In verschiedenen Populationen wurden mit Hilfe der Skelettochronologie (Altersbestimmung durch Zählen der Jahresringe in Knochenquerschnitten) Lebensalter der Männchen bis maximal 22 Jahre, der Weibchen bis 21 Jahre ermittelt. Die ältesten Individuen wurden in alpinen Lebensräumen nachgewiesen.
Nahrung: Während des Gewässeraufenthaltes bilden Insektenlarven und -puppen, aber auch Kleinkrebse oder Laich und Larven anderer Amphibien die Hauptnahrung. Während des Landaufenthaltes werden Insekten und deren Larven, Spinnen, Asseln und Würmer verzehrt.
Prädatoren: Zahlreiche Feinde wie Schwimmkäfer und deren Larven, Raubfische, Ringelnattern, Wasseramseln, Graureiher, Störche, Haubentaucher, Wasserspitzmäuse und räuberische Kleinsäuger.
Abwehrverhalten: Einnahme einer Schreckstellung, wobei der Körper seitlich eingebogen wird, die Hintergliedmaßen abgespreizt, der Vorderkörper durch Streckung der Vordergliedmaßen angehoben sowie der Schwanz aufgestellt und eingerollt werden; dadurch sind Teile der warnfarbigen Unterseite sichtbar.
Bemerkenswertes: Pädomorphe (neotene) Po- pulationen (Dauerlarven) sind häufiger als bei anderen europäischen Schwanzlurchen, vor allem in Südeuropa. Der Bergmolch wurde mehrfach außerhalb sei- nes natürlichen Verbrei- tungsgebietes angesiedelt, zum Beispiel in England, Frankreich und Neuseeland.
Download als PDF