Rotbauchunke

Sep 4, 2013 by     Posted under: Artensteckbriefe Amphibien

Artensteckbrief Rotbauchunke (Bombina bombina)

Rotbauchunke (Bombina bombina), subadultes Tier, Förstgen-Steinölsa, Sachsen, Deutschland, 01.09.2003, Foto: Andreas Nöllert

Rotbauchunke (Bombina bombina), subadultes Tier, Förstgen-Steinölsa, Sachsen, Deutschland, 01.09.2003, Foto: Andreas Nöllert

Rotbauchunke (Bombina bombina), subadultes Tier, Förstgen-Steinölsa, Sachsen, Deutschland, 01.09.2003, Foto: Andreas Nöllert

Rotbauchunke (Bombina bombina), subadultes Tier, Förstgen-Steinölsa, Sachsen, Deutschland, 01.09.2003, Foto: Andreas Nöllert

Art:
Bombina bombina, Rotbauchunke

Unterart(en):
Bombina bombina bombina

Fauna-Flora Habitatrichtlinie:
FFH-Richtlinie (Anhang II und IV)

Rote Liste Status:
RL Deutschland (2009): stark gefährdet

RL BB (2004): stark gefährdet
RL BE (2004): vom Aussterben bedroht
RL HH (2004): ausgestorben
RL MV (1992): stark gefährdet
RL NI (1994): vom Aussterben bedroht
RL SN (1999): stark gefährdet
RL ST (2004): stark gefährdet
RL TH (2011): ausgestorben

 

Rotbauchunke (Bombina bombina), Metamorphling, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 20.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Rotbauchunke (Bombina bombina), Metamorphling, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 20.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Rotbauchunke (Bombina bombina), adultes Tier, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 08.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Rotbauchunke (Bombina bombina), adultes Tier, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 08.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Beschreibung:

Die eng an Gewässer gebundene Rotbauchunke erreicht eine maximale Kopf-Rumpflänge von etwa 45-50 mm. Ihr Körper und Kopf erscheinen abgeflacht. Sowohl ein äußerlich sichtbares Trommelfell, als auch sichtbare Parotiden fehlen. Charakteristisch sind ihre orange- bis rotgefleckte Unterseite (welche beim Abwehrverhalten bedeutsam ist), sowie die herzförmigen Pupillen. Im Gegensatz zur Gelbbauchunke sind die stärker orange bis rötlich gefärbten Flecken des Bauches und der Oberschenkel, meist durch ungefleckte, dunkle Partien voneinander getrennt. Die schwarz bis blaugrau gefärbten Bereiche der Unterseite und Extremitäten weisen deutliche weiße Punkte auf. Als weitere Unterschiede zur Gelbbauchunke sind die Spitzen der Gliedmaßen nicht farbig gefleckt (sondern dunkel gefärbt) und ihr grau bis grünbrauner Rücken weist keine so deutlichen schwarzen Hornstacheln auf. Die Männchen besitzen Kehlblasen (innere Schallblasen mit denen sie melancholische „Uuuh…uuuh…uuuh“ Rufe ausstoßen) sowie während der Paarungszeit dunkel pigmentierte Brunstschwielen an den Innenseiten ihrer Unterarme.

 

Gesamtverbreitung:

B. bombina ist eine europäisch-kontinentale Tieflandart. Die westlichste Arealgrenze verläuft durch die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen (Elbtalniederung) und Schleswig-Holstein. Weiter südlich verläuft ihre westliche Verbreitungsgrenze (und gleichzeitig Hybridzone mit der Gelbbauchunke) über Tschechien und Österreich bis hin zum Balkan. Vom nördlichen Baltikum ist B. bombina entlang des 57. Breitengrades bis zum Ural verbreitet. Hier liegt ihre östliche Arealgrenze. Die nördlichsten Vorkommen sind in Ostdänemark und Südschweden zu finden. In Südschweden ist die Art in den 1960er Jahren ausgestorben, seit 1983 wurden Rotbauchunken jedoch offiziell wiederangesiedelt. Nach Süden hin erreicht die Rotbauchunke die Schwarzmeerküste von Bulgarien und Thrakien.

 

Verbreitungskarte Rotbauchunke – Bombina bombina (Linnaeus, 1758)

Verbreitungskarte Rotbauchunke – Bombina bombina (Linnaeus, 1758)

Rotbauchunke (Bombina bombina), Lebensraum in der Elbaue bei Sandau, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 28.10.2011, Foto: Andreas Nöllert

Rotbauchunke (Bombina bombina), Lebensraum in der Elbaue bei Sandau, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 28.10.2011, Foto: Andreas Nöllert

Verbreitung national:

Als typische Tieflandart kommt die Rotbauchunke nur nördlich der deutschen Mittelgebirge im nordostdeutschen Tiefland der Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt und Sachsen vor. Entlang dieser Bundesländer verläuft die nordwestliche Arealgrenze der Art. In Schleswig-Holstein besiedelt die Rotbauchunke das östliche Hügelland, die Ostholsteinische Seenplatte, das Schaalseegebiet und die Insel Fehmarn. Zahlreiche Vorkommen sind inselartig auf den Küstenstreifen beschränkt. In Mecklenburg-Vorpommern bilden die gewässerreichen Regionen (Mecklenburger Seenplatte) einen bundesweiten Verbreitungsschwerpunkt der Art mit kopfstarken Populationen. In Niedersachsen liegen wenige isolierte Vorkommen zwischen der Ilmenau und der Elbniederung.

Rotbauchunke (Bombina bombina), Lebensraum in der Elbaue bei Damnatz, Niedersachsen, Deutschland, 25.05.2012, Foto: Andreas Nöllert

Rotbauchunke (Bombina bombina), Lebensraum in der Elbaue bei Damnatz, Niedersachsen, Deutschland, 25.05.2012, Foto: Andreas Nöllert

Auch in Sachsen-Anhalt konzentrieren sich die Vorkommen mit einem Anteil von 88% auf das Elbtal mit den Unterläufen der Nebenflüsse (Saale), wobei zwei größere fundfreie Bereiche deutlich werden: 1) der Stadtbereich von Magdeburg sowie 2) der Abschnitt zwischen Griebo und Elster. Im westlichen Brandenburg zerfällt das Areal zunehmend in räumlich voneinander getrennte Verbreitungsinseln. Nordwestlich von Wittenberge wird das Elbtal besiedelt. Gute Bestände finden sich noch in Ostbrandenburg in der Uckermark und im Gebiet der Mecklenburger Seenplatte. In Berlin existiert ein kleines Restvorkommen auf dem Barnim, in den Falkenberger Rieselfeldern sowie am nordöstlichen Berliner Stadtrand. In Sachsen, welches neben Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg rezent die meisten Vorkommen der Art beherbergt, werden vor allem das Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet sowie die Königsbrück-Ruhlander Heiden besiedelt. Darüber hinaus ist die Rotbauchunke in der Östlichen Oberlausitz, dem Oberlausitzer Gefilde, dem Westlausitzer Hügel- und Bergland, der Elsterwerda-Herzberger Elsterniederung und dem Riesa-Torgauer Elbtal sowie an wenigen Stellen westlich der Elbe anzutreffen (Weiße Elster und Altenburger Raum). In Thüringen gilt die Art als ausgestorben.
Hier finden Sie den Verbreitungsatlas für alle einheimischen Reptilien und Amphibien.

 

Rotbauchunke (Bombina bombina), Lebensraum in der Elbaue bei Sandau, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 28.05.2012, Foto: Andreas Nöllert

Rotbauchunke (Bombina bombina), Lebensraum in der Elbaue bei Sandau, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 28.05.2012, Foto: Andreas Nöllert

Rotbauchunke (Bombina bombina), Wasser gefüllte Fahrspurrinnen mit ca. 8 mm langen Larven im Gosner-Stadium 24/25 einer zweiten Fortpflanzungsperiode im NSG "Luppeaue" südlich von Schkeuditz, Sachsen, Deutschland, 22.07.2012, Foto: Andreas Nöllert

Rotbauchunke (Bombina bombina), Wasser gefüllte Fahrspurrinnen mit ca. 8 mm langen Larven im Gosner-Stadium 24/25 einer zweiten Fortpflanzungsperiode im NSG „Luppeaue“ südlich von Schkeuditz, Sachsen, Deutschland, 22.07.2012, Foto: Andreas Nöllert

Lebensräume:

Zu den natürlichen Lebensräumen der Rotbauchunke zählen die selten gewordenen Überschwemmungsgebiete naturnaher Flussauen. Zur Reproduktion nutzt die Art mittlere bis größere stehende permanente Gewässer, sowie temporär überschwemmte Flächen. Von besonderer Bedeutung sind strömungsfreie Überschwemmungsflächen, Qualmgewässer im Deichhinterland, aber auch offene Kleingewässer (Feldsölle) der Agrarlandschaft. Charakteristisch für die Gewässer sind eine gute Besonnung, ausgedehnte Flachwasserzonen sowie viel submerse Vegetation. In der Niederlausitz werden Gewässer mit Fischbrutbesatz besiedelt, günstigere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Reproduktion bieten jedoch temporär austrocknende Gewässer. Landlebensräume der Rotbauchunke sind feuchte Wiesen, Bruch- und Auwälder des Flachlandes sowie Feldgehölze und Gebüsche. Die Rotbauchunke entfernt sich das gesamte Jahr nicht weit von ihrem Wohngewässer und überwintert in der Regel nicht weiter als 100 m entfernt in Erdhöhlen oder unter Totholzansammlungen.

 

Rotbauchunke (Bombina bombina), adultes Tier in temporärem Gewässer, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 08.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Rotbauchunke (Bombina bombina), adultes Tier in temporärem Gewässer, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 08.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Rotbauchunke (Bombina bombina), Metamorphling, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 20.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Rotbauchunke (Bombina bombina), Metamorphling, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 20.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Gefährdung & Schutz:

Die Rotbauchunke ist eine Art der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie und gilt bundesweit als „stark gefährdet“. Diese Gefährdungseinschätzung ist unter Betrachtung der drastischen Bestandsrückgänge am Nord- und Nordwestrand des Areals der Art gerechtfertigt. Allein für die Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen wird von einem 60%-igen Rückgang der Populationen von 1915 bis zum Ende der 1980er Jahre ausgegangen. Die Rückgänge hatten in der Vergangenheit sogar eine Verschiebung der Arealgrenze zur Folge. Während die westliche Arealgrenze noch Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Weser reichte, wird diese rezent durch die Elbniederung in Niedersachsen markiert. Weitere Bestandrückgänge sind aus den Bundesländern Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt bekannt. In Brandenburg sind landesweite Bestandsrückgänge vor allem seit Mitte der 1970er Jahre zu verzeichnen. Bei einer Vielzahl von Vorkommen handelt es sich um Restpopulationen mit weniger als 10-20 rufenden Männchen pro Laichgewässer. Auch innerhalb einzelner Verbreitungsinseln ist eine zunehmende Zersplitterung in Einzelvorkommen festzustellen. Eine natürliche Wiederbesiedlung von Lebensraum kann kaum noch erfolgen. Aufgrund der drastischen Bestandsrückgänge wurden in einigen Bundesländern spezielle Artenschutzmaßnahmen erarbeitet. Durch ihre sehr stark ausgeprägte Bindung an Gewässer ist die Art insbesondere durch den Verlust geeigneter Laich- und Nahrungsgewässer in Folge einer Nutzungsintensivierung der Landwirtschaft gefährdet. Zu den Gefährdungsursachen zählen:

  • Verlust von Qualmgewässern im Hinterland von Deichen durch deren Rückverlegung
  • Verschlechterung des Wasserregimes (Entwässerung) außerhalb der Überflutungsauen auf Agrarflächen
  • Umwandlung von Grünland in Ackerland
  • verstärkte Nährstoffanreicherung in den Gewässern und entlang der Uferzonen durch Düngung (Verlandung und Verschlammung von Gewässern und Zerstörung submerser Vegetation)
  • Einsatz landwirtschaftlicher Chemikalien
  • Nutzung von Laichgewässern für den Angelsport oder zur Fischzucht
  • Beschattung der Gewässer durch aufwachsende Gehölze
  • Verlust von Strukturvielfalt (z.B. von Winterquartieren wie Steinhaufen, Wurzelstubben) in den Landlebensräumen
  • anhaltende Habitatfragmentierung und zunehmende Isolation der Vorkommen (fehlende Möglichkeit der Wiederbesiedlung)
  • Illegale Aussetzungen von Rotbauchunken: genetische Vermischung mit ungeahnten Folgen, Verschleppung der Chytridiomykose
Rotbauchunke (Bombina bombina), Metamorphling, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 20.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Rotbauchunke (Bombina bombina), Metamorphling, Biosphärenreservat Obere Mittelelbe, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 20.07.2010, Foto: Roland Hemmpel – LANDO photoGraphix

Schutzmaßnahmen für die Rotbauchunke sind:

  • Förderung von Wanderkorridoren zwischen den Teillebensräumen
  • Verzicht auf mineralische Düngung während der Anwanderung
  • Verzicht auf den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln im Bereich von Pufferzonen um die Laichgewässer (mind. 20 m)
  • Ganzjährige extensive Beweidung mit 0,3-0,5 Großvieheinheit/ha/Jahr im Umfeld der Gewässer
  • Pflege von Gewässerrandstreifen von 10-50 m, um eine Beschattung zu verhindern (amphibienverträgliche Mahd, wenn die Unken im Wasser sind oder Beweidung)
  • Einrichtung strukturreicher Pufferzonen um die Laichgewässer als Landlebensraum
  • Verzicht auf den Einsatz schwerer Maschinen bei der Bewirtschaftung von Bruch- und Auwäldern (Belassen von Totholz und Stubben als Winterquartiere)
  • Abfischen oder winterliches Ablassen von Laichgewässern (ggbfs. Entschlammung)
  • Anhebung des Grundwasserspiegels und Förderung eines dynamischen Wasserhaushaltes – zur Schaffung großer Wechselwasserzonen
  • Neuanlage von Gewässern mit ausgedehnten Flachwasserzonen

 

Hier finden Sie Informationen zu einem länderübergreifenden beispielhaften Projekt zum Schutz und zur Förderung der Rotbauchunke.

Eine anschauliche Broschüre mit konkreten Schutzmaßnahmen für die Rotbauchunke und den Laubfrosch wurde vom Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg herausgegeben.

 

Literatur:

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Text: Ulrich Schulte

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