Kleiner Wasserfrosch

Sep 9, 2013 by     Posted under: Artensteckbriefe Amphibien

Artensteckbrief Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae)

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Männchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 22.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Männchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 22.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Weibchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 22.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Weibchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 22.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Art:
Pelophylax lessonae, Kleiner Wasserfrosch

Fauna-Flora Habitatrichtlinie:
FFH-Richtlinie (Anhang IV)

Rote Liste Status:
RL Deutschland (2009): Gefährdung unbekannten Ausmaßes

RL BB (2004): gefährdet
RL BE (2004): Daten unzureichend
RL BW (1999): Gefährdung unbekannten Ausmaßes
RL BY (2003): Daten unzureichend
RL HE (2010): gefährdet
RL HH (2004): stark gefährdet
RL MV (1992): stark gefährdet
RL NI (1994): stark gefährdet
RL NW (2011): gefährdet
RL RP (1996): Vorwarnliste
RL SH (2003): Daten unzureichend
RL SL (2008): Daten unzureichend
RL SN (1999): stark gefährdet
RL ST (2004): Daten unzureichend
RL TH (2011): Daten unzureichend

 

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Männchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 28.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Männchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 28.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Weibchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 28.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Weibchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 28.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Beschreibung:

Als kleinste westpaläarktische Wasserfroschart erreicht der Kleine Wasserfrosch maximale Kopf-Rumpf-Längen von 75-80 mm (wobei die Weibchen größer als die Männchen werden). Folgende Merkmale sind für diese Art charakteristisch: 1) der hochgewölbte und halbkreisförmige Fersenhöcker, 2) die relativ kurzen Oberschenkel, sowie 3) die häufig gelbliche Färbung der Oberschenkel und Lenden. Die Oberseite ist meist hell- oder grasgrün, wobei der Rücken (der auch häufig eine Vertebrallinie aufweist) wie auch die Oberseite der Extremitäten bräunlich gefärbt sein kann. Während der Paarungszeit zeigen die Männchen eine zitronengelbe Oberseite. Die schwarzen Pigmentflecken auf dem Rücken des Kleinen Wasserfrosches sind im Gegensatz zu den verwaschenen Flecken des Seefrosches stets scharf gegen die Grundfarbe abgegrenzt. Die Unterseite ist weißlich und meist ungefleckt (marmorierte oder grau gefleckte Unterseiten sind die Ausnahme).

 

Gesamtverbreitung:

Der Kleine Wasserfrosch ist in seiner Verbreitung auf Europa beschränkt. Er kommt von der Garonne-Mündung im Südwesten Frankreichs bis in die Wolga-Kama Region im Osten vor. Seine nördliche Verbreitungsgrenze erreicht die Art an der schwedischen Ostseeküste auf Höhe des 60. Breitengrades, jedoch fehlt die Art weitestgehend in Norddeutschland und Dänemark. Die südlichsten Vorkommen finden sich entlang einer Linie von Norditalien über das Donaudelta und die Schwarzmeerküste bis zu den südlichen Ausläufern des Uralgebirges. Ähnlich wie für den Moorfrosch wird für den Kleinen Wasserfrosch angenommen, dass dieser früher in Großbritannien autochthon war. Noch bis 1999 existierte eine Population im Südosten Englands, in Norfolk.

 

Verbreitungskarte kleiner Wasserfrosch – Pelophylax lessonae (Camerano, 1882)

Verbreitungskarte kleiner Wasserfrosch – Pelophylax lessonae (Camerano, 1882)

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae). Im NSG "Plothen-Drebaer Teichgebiet" siedelt eine sehr individuenreiche Population der Art. Plothen, Thüringen, Deutschland, 14.08.2012, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae). Im NSG „Plothen-Drebaer Teichgebiet“ siedelt eine sehr individuenreiche Population der Art. Plothen, Thüringen, Deutschland, 14.08.2012, Foto: Andreas Nöllert

Verbreitung national:

Aufgrund von Bestimmungsschwierigkeiten ist die Verbreitung des Kleinen Wasserfrosches in Deutschland nicht genau bekannt. Bei zahlreichen Bestandserfassungen wird nicht zwischen den drei heimischen Wasserfroscharten unterschieden. Generell überlappt das Areal jedoch sehr stark mit dem vom Seefrosch, wobei P. lessonae insgesamt weniger weit verbreitet ist. So besitzt die Art Verbreitungsschwerpunkte vor allem im Flachland, aber auch im Hügel- und Bergland der Bundesländer Brandenburg, Thüringen und Bayern. Weniger weit verbreitet ist er in Sachsen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Der Kleine Wasserfrosch fehlt im äußersten Norden Deutschlands (Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern) oder aber ist dort sehr selten. Ebenfalls sehr selten ist die Art in Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Baden-Württemberg. Die höchst gelegenen Vorkommen finden sich in Höhen von bis zu 1.000 m ü. NN in Bayern.
Hier finden Sie den Verbreitungsatlas für alle einheimischen Reptilien und Amphibien.

 

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae). Im NSG "Plothen-Drebaer Teichgebiet" siedelt eine sehr individuenreiche Population der Art. Plothen, Thüringen, Deutschland, 14.08.2012, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae). Im NSG „Plothen-Drebaer Teichgebiet“ siedelt eine sehr individuenreiche Population der Art. Plothen, Thüringen, Deutschland, 14.08.2012, Foto: Andreas Nöllert

Lebensräume:

Als Laichgewässer dienen dem Kleinen Wasserfrosch pflanzenreiche Moorgewässer, kleine Weiher und Gräben sowie Auengewässer. Demgegenüber werden größere Seen und Flüsse gemieden. Von großer Bedeutung für die Besiedlung von Gewässern sind Flachwasserbereiche mit dichter Vegetation. Zur meist terrestrisch erfolgenden Überwinterung sucht die Art häufig sandige Waldgebiete in mitunter beträchtlicher Entfernung zu den Laichgewässern auf (Distanzen von bis zu 15 km sind z.B. vom Neusiedlersee bekannt).

 

Gefährdung & Schutz:

Aufgrund von Bestimmungsproblemen ist die Datenlage in insgesamt sechs Bundesländern (BE, BY, SH, SL, ST, TH) unzureichend, so dass in Kombination mit der Einstufung „stark gefährdet“ in vier weiteren Bundesländern auch in der letzten nationalen Roten Liste von 2009 eine „Gefährdung unbekannten Ausmaßes“ für den Kleinen Wasserfrosch angenommen wird. P. lessonae ist die einzige FFH-Anhangs IV Art der heimischen Wasserfrösche (Teich- und Seefrosch sind beide Anhang V). Die Hauptgefährdungsursachen ergeben sich aus einer Veränderung und Zerstörung seiner Lebensräume (insbesondere seiner Laichgewässer) durch eine veränderte Land- und Forstwirtschaft.

Die folgenden Gefährdungsursachen gelten im Prinzip für alle heimischen Wasserfroscharten:

  • Verfüllungen und Trockenlegung von Laichgewässern
  • Entwertung und Wegfall von Auenbereichen, Feuchtwiesen, Feuchtheiden, Mooren und Erlenbruchwäldern durch Grundwasserabsenkungen
  • Fischbesatz und starker Nährstoffeintrag (Dünger)
  • Intensivierung der Landwirtschaft (Umwandlung von Grünland in Ackerflächen)
  • Sukzession, Verlandung und Beschattung der Laichgewässer
  • Versauerung von Heide- und Moorgewässern
  • Mortalität durch den Straßenverkehr und Isolation von Populationen durch den weiteren Ausbau von Verkehrswegen

Geeignete Schutzmaßnahmen die ebenfalls für alle drei heimischen Wasserfroscharten gelten können, sind:

  •  Beweidung und Mahd (mit Balkenmäher) im Umkreis der Laichgewässer zur Minimierung aufkommender Sukzession
  • Entnahme von Ufergehölzen
  • Einrichtung von Pufferzonen im Uferbereich der Gewässer (Radius von bis zu 50 m), in denen auf Spritz- oder Düngemittel verzichtet wird
  • Verzicht auf Drainage von Wiesen, Weiden und feuchten Waldgebieten, Anheben des Grundwasserspiegels in den Gebieten
  • Förderung und Zulassen einer natürlichen Wasserdynamik in Auenbereichen
  • Förderung von Kleinstgewässern im Gewässerumfeld (Trittsteinbiotope)
  • Anlage stehender, flacher Kleingewässer im Wald
  • Abfischen von Laichgewässern

Weitere detailliertere Informationen zu Erhaltungsmaßnahmen lokaler Populationen des Kleinen Wasserfrosches finden Sie im Internethandbuch des BfNs zu den FFH-Anhangsarten der Amphibien.

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Jungtier des vorangegangenen Jahres, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 22.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Jungtier des vorangegangenen Jahres, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 22.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 22.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 22.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Männchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 28.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

Kleiner Wasserfrosch (Pelophylax lessonae), Männchen, Breitenhain, Thüringen, Deutschland, 28.04.2011, Foto: Andreas Nöllert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Literatur:

Eikhorst, R. & U. Rahmel (1986): Zur Verbreitung des Kleinen Teichfrosches Rana lessonae Camerano, 1872 und des Seefrosches Rana ridibunda Pallas, 1771 in Niedersachsen. – Salamandra, 22: 79-92.

Engeler, B. & H.-U. Reyer (2001): Choosy females and indiscriminate males: mate choice in mixed populations of sexual and hybridogenetic water frogs (Rana lessonae, Rana esculenta). – Behavioral Ecology, 12: 600-606.

Holenweg Peter, A.-K., Reyer, H.-U. & G. Abt Tietje (2001): Homing behavior of Rana lessonae, R. ridibunda and their hybridogenetic associate R. esculenta after experimental displacement. – Amphibia-Reptilia, 22: 475-480.

Holenweg, A.-K. & H.-U. Reyer (2000): Hibernation behavior of Rana lessonae and R. esculenta in their natural habitat. – Oecologia, 123 (1): 41-47.

Laufer, H. & A. Sandte (2003/2004): Hinweise zur Konkurrenz zwischen eingeschlepptem Ochsenfrosch (Rana catesbeiana) und einheimischen Grünfröschen. – Herpetofauna, 25 (143): 29-38.

Mayer, M, Hawlitschek, O., Zahn, A. & F. Glaw (2013): Composition of twenty Green Frog populations (Pelophylax) across Bavaria, Germany. – Salamandra, 49 (1): 31-44.

Meineke, T. (1980): Untersuchungen zum Vorkommen der Grünfrösche (Rana ridibunda, Rana lessonae, Rana esculenta) im Raum Herzberg am Harz und Northeim (Süd-Niedersachsen). – Beiträge Naturkunde Niedersachsen, 33: 44-55.

Plötner, J. (2005): Die westpaläarktischen Wasserfrösche – von Märtyrern der Wissenschaft zur biologischen Sensation. – Laurenti-Verlag, Bielefeld, 160 S.

Reyer, H.-U., Niederer, B. & A. Hettyey (2003): Variation in fertilisation abilities between hemiclonal hybrid and sexual parental males of sympatric water frogs (Rana lessonae, R. esculenta, R. ridibunda). – Behavioral Ecology and Sociobiology, 54: 274-284.

Schröer, T. (1996): Morphologie und Ploidiegrade von Wasserfröschen aus unterschiedlichen Populationssystemen in Nordost-Polen. – Zeitschrift für Feldherpetologie, 3: 133-150.

Schröer, T. (1997): Lassen sich Wasserfrösche phänotypisch bestimmen? – Eine Feld- und Laborstudie an 765 Wasserfröschen aus Westfalen. – Zeitschrift für Feldherpetologie, 4: 37-54.

Schröer, T. & H. Greven (1998): Verbreitung, Populationsstrukturen und Ploidiegrade von Wasserfröschen in Westfalen. – Zeitschrift für Feldherpetologie, 5: 1-14.

Tunner, H. G. (1992): Locomotory behavior in water frogs from Neusiedlersee (Austria, Hungary). 15 km migration of Rana lessonae and its hybridogenetic associate Rana esculenta. In: Korsos, Z. & I. Kiss (eds.): Proceedings of the 6th Ordinary General Meeting of the SHE: 449-452. – Budapest (Hungarian Natural History Museum).

Zahn, A. (1997): Untersuchungen zum Rana  kl. esculentalessonae-Komplex in Oberbayern. – Salamandra, 33: 79-88.

Zahn, A. (1996): Beobachtungen zur Migration von Grünfröschen (Rana lessonae– kl. esculenta-Komplex). – Mitteilungen des Landesverbands Amphibien- und Reptilienschutz in Bayern, 15: 45-48.

Zeisset, I. & T. J. C. Beebee (2001): Determination of biogeographical range: an application of molecular phylogeography to the European pool frog Rana lessonae. – Proceedings of the Royal Society B, 268: 933-938.

Text: Ulrich Schulte

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