Das Erdkrötenleben im Jahresverlauf

Dez 13, 2011 by     Posted under: Amphib des Jahres 2012: Die Erdkröte

Amphibienzäune an Straßen kennt wohl jeder. Doch was macht die Erdkröte, wenn sie nicht gerade versucht, heil eine Straße zu überqueren? Und warum tut sie das überhaupt? Erfahren Sie mehr über das abwechslungsreiche Leben, das Fortpflanzungsverhalten, Feinde und Verteidigung der Erdkröte.

Erdkröten dämmerungs- und nachtaktiv, tagsüber verbergen sie sich in unterirdischen Quartieren, z.B. in verlassenen Kleinsäugergängen oder unter hohl aufliegenden Strukturen wie Steinen oder Totholz. Erst in der Abenddämmerung werden Sie aktiv und jagen oder gehen auf Wanderschaft zu ihren Laichgewässern oder zurück in den Landlebensraum.

 

Krötenwanderung – Die Erdkröte als Langstreckenläufer

Erdkröte beim Schreitgang, Foto: R. Podloucky

Erdkröte beim Schreitgang, Foto: R. Podloucky

Die Hauptwanderung zum Laichgewässer beginnt bei günstigem Wetter oft schon Ende Februar/Anfang März, wobei einzelne Tiere, je nach Witterungsverlauf, gelegentlich auch schon im Januar angetroffen werden können.
Ideales Wanderwetter sind für die Erdkröte regnerische Nächte mit Temperaturen über 5 °C.
Erdkröten zeigen oft eine ausgeprägte Laichplatztreue, das heißt, viele von ihnen kehren zur Paarungszeit an das Gewässer ihrer Geburt zurück. Die dabei zurückgelegten Distanzen zwischen dem Laichgewässer und dem Winter- bzw. Sommerlebensraum liegen meist in der Größenordnung von einem Kilometer Luftlinie, aber auch Strecken von über drei Kilometern werden nachweislich überwunden.
Erdkröten sind Explosivlaicher, da sie nach der Frühjahrswanderung nahezu alle zur selben Zeit am selben Ort erscheinen, gemeinsam mit dem Fortpflanzungsgeschäft beginnen und sämtliche Laichschnüre innerhalb nur weniger Tage absetzen.
Direkt nach dem Ende der Fortpflanzungsphase wandern die adulten Erdkröten in ihre arteigenen Sommerquartiere zurück.

 

Fortpflanzung – Das wilde Liebesleben der Erdkröten

Spähhaltung der Männchen, Foto: A. Kwet

Männchen auf Brautschau (Spähhaltung), Foto: A. Kewt

Um ein Weibchen zu erobern, machen sich die Männchen groß und nehmen die sog. Spähhaltung ein (hochaufgerichtetes Sitzen mit durchgedrücktem Rücken), um sich annähernde Weibchen bald erkennen zu können. Ist eine weibliche Erdkröte erkannt, klettert das Männchen auf deren Rücken und umklammert sie mit seinen kräftigen Oberarmen in der Achselgegend (Axillaramplexus). Die Brunstschwielen an den Daumen geben dem Männchen den nötigen Halt und im „Huckepack“ geht es gemeinsam zum Laichgewässer, das durchaus noch hunderte von Metern entfernt liegen kann.
Da es in Erdkröten-Populationen mehr Männchen als Weibchen gibt (Verhältnis oft 1:3 bis 1:8), wird alles umklammert was auch nur entfernt nach einem Weibchen aussieht – auch ein Stück Holz.

Wird aus Versehen ein anderes Männchen umklammert, so stößt dieses einen Befreiungsruf aus, um auf den Irrtum aufmerksam zu machen.
Am Laichgewässer versuchen die noch einzelnen Männchen ihre bereits verpaarten Konkurrenten zu verdrängen und deren Platz auf dem Rücken des Weibchens einzunehmen. Häufig kommt es vor, dass ein Weibchen von mehreren Männchen umklammert wird, von dem Gewicht unter Wasser gedrückt wird und dabei sogar ertrinkt.

 

Laich, Larven und „Froschregen“

Laichschnur der Erdkröte, Foto: K.G.

Laichschnur der Erdkröte, Foto: K. Grossenbacher

Das Gelege der Erdkröte besteht in Mitteleuropa aus einer bis zu 5 m langen, maximal 8 mm dicken, gallertartigen Laichschnur, in der die schwarzen Eier mit einem Durchmesser von ca. 2 mm in 2-4 Reihen angeordnet sind. Die meisten Laichschnüre bestehen aus rund  2.000-4.000 Eiern, die an festen Strukturen, z. B. Schilfstängeln, umgeknickten Binsenhalmen und ins Wasser ragenden Ästen befestigt werden.
Die Larven (Kaulquappen) schlüpfen je nach Wassertemperatur nach 2-4 Wochen mit einer Länge von 3-5 mm. Ihre Oberseite ist schwarz und samtartig, die Unterseite grauschwarz gefärbt. Die dunkle Farbe unterstützt die Erwärmung der Larven im Gewässer.
Nach etwa 2 Wochen sind die Kaulquappen etwa 9 mm groß und vor allem in größeren Gewässern gelegentlich als große Schwärme von tausenden von Individuen zu beobachten.

"Froschregen": Lauter kleine Baby-Erdkröten! Foto: R. Podloucky

"Froschregen": Lauter kleine Baby-Erdkröten! Foto: R. Podloucky

In der Regel dauert die Gesamtentwicklung vom Ei bis zur Umwandlung von Quappe zu Jungkröte (Metamorphose) 2-4 Monate und ist stark temperaturabhängig. Der Landgang findet meist zwischen Juni und Juli statt, wobei die tagaktiven Jungtiere zunächst im Uferbereich verweilen, bevor sie bei feuchter Witterung das unmittelbare Umfeld des Laichgewässers verlassen. Diese Massenabwanderungen der jungen Erdkören ist gelegentlich auf gewässernahen Wegen zu beobachten und wird im Volksmund als „Froschregen“ bezeichnet.

 

 

 

Auch Erdkröten werden erwachsen

Die jungen Kröten bleiben zunächst im Landlebensraum (nahe gelegene Mischwälder) und schließen sich erst im Alter von drei Jahren (Männchen) bzw. vier-fünf Jahren (Weibchen) den Wanderungen an. Erdkröten können sehr alt werden: In Terrarienhaltung sind 36 Jahre belegt, während im Freiland ein Lebensalter von maximal 10-15 Jahren wahrscheinlich ist. Nach dem Erreichen der Geschlechtsreife wachsen die Tiere pro Jahr nur noch 1-3 cm weiter.
In der Regel pflanzt sich ein Weibchen in seinem ganzen Leben nur ein einziges mal fort.

 

Erdkröten-Nahrung

Erdkröte auf der Jagd nach Regenwürmern, Foto: R. Podloucky

Erdkröte auf der Jagd nach Regenwürmern, Foto: R. Podloucky

Als Nahrung dient der wenig wählerischen Erdkröte fast jedes andere Tier, das durch Bewegungen als Beute erkannt wird und eine bestimmte Größe nicht überschreitet. Hauptsächlich setzt sich ihr Beutespektrum aus folgenden wirbellosen Beutetiergruppen zusammen: Regenwürmer, Tausendfüßer, Laufkäfer, Spinnen, Schnecken, Raupen und nachtaktive Insekten.
Die Kaulquappen der Erdkröte ernähren sich in erster Linie durch die Aufnahme von Mirkoorganismen (Plankton) im Wasser. Sie verfügen hierfür sowohl über einen Filterapparat als auch über Hornschnäbel und –zähnchen, mit denen sie die Pflanzen oder den Bodengrund abweiden. Als Gesundheitspolizei unter Wasser verwerten sie auch verendete Tiere und halten so das Wasser sauber.

 

Erdkröten-Feinde & Verteidigung

Ein Dachs als "Erdkröten-Räuber", Foto: R. Brettfeld

Ein Dachs als "Erdkröten-Räuber", Foto: R. Brettfeld

An Land stellen zahlreiche Jäger der Erdkröte nach:
Vogelarten: Mäusebussard, Uhu, Waldkauz, Graureiher und Rabenvögel
Säugetieren: Iltis (holt die Kröten massenhaft aus den Laichgewässern), Ratten, Waschbären, Wasserspitzmaus
Reptilien: v.a. Ringelnatter; doch hier hat die Kröte eine kleine List entwickelt: Wenn sie auf eine Ringelnatter trifft, bläht sie sich kräftig auf und stellt sich hoch auf ihre Beine – diese Drohstellung führt manchmal zum Erfolg und die Schlange zieht sich zurück.
Ein ganz besonderer Feind ist die Erdkröten-Goldfliege (Lucilia bufonivora). Diese Fliege (bufonivor = krötenfressend) befällt vor allem im Sommer adulte Kröten, legt ein Eigelege ab und die Larven fressen innerhalb weniger Tage die Kröte regelrecht von innen heraus auf. Eine Abwehrstrategien dagegen ist die Nothäutung: Sobald die Kröte eine Eiablage bemerkt hat, häutet sie sich schnell und frisst die alte Haut samt Fliegengelege einfach auf.
Feinde der Kaulquappen sind vor allem Fische oder jagende Insektenlaven. Als Schutzverhalten gegen das Gefressenwerden haben die Larven der Erdkröte die Schwarmbildung, die einen großen Tierkörper vortäuscht und bei keiner anderen europäischen Amphibienart so ausgeprägt ist. Wird doch eine Quappe durch einen Fisch geschnappt, kommt ein besonderer Schreckstoff (Alarmsubstanz) ins Spiel, der in der oberen Hautschicht der Kaulquappe eingelagert ist und durch Verletzung freigesetzt wird. Dieser Stoff ist wasserlöslich und löst bei den anderen Kaulquappen eine sofortige Fluchtreaktion aus.

 

Textquelle: Aktionsbroschüre „Die Erdkröte – Lurch des Jahres 2012″ . (Diese und weitere Begleitmaterialien finden sie hier)

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