Kreuzotter

Sep 15, 2013 by     Posted under: Artensteckbriefe Reptilien

Artensteckbrief Kreuzotter (Vipera berus)

Vipera b. berus, Kreuzotter, Männchen, Deutschland, Thüringen, Pöllwitzer Wald bei Neuärgerniß, 30.04.2008, Foto: Andreas Nöllert

Vipera b. berus, Kreuzotter, Männchen, Deutschland, Thüringen, Pöllwitzer Wald bei Neuärgerniß, 30.04.2008, Foto: Andreas Nöllert

Art:
Vipera berus, Kreuzotter

Heimische Unterart(en):
Vipera berus berus

Fauna-Flora Habitatrichtlinie:
——

Rote Liste Status:
RL Deutschland (2009): stark gefährdet

RL BB (2004): vom Aussterben bedroht
RL BE (2004): ausgestorben
RL BW (1999): stark gefährdet
RL BY (2003): stark gefährdet
RL HE (2010): vom Aussterben bedroht
RL HH (2004): vom Aussterben bedroht
RL MV (1992): stark gefährdet
RL NI (1994): gefährdet
RL NW (2011): vom Aussterben bedroht
RL SH (2003): stark gefährdet
RL SN (1999): gefährdet
RL ST (2004): stark gefährdet
RL TH (2011): stark gefährdet

 

Vipera b. berus, Kreuzotter, Münster, 05.2012, Foto: Ulrich Schulte

Vipera b. berus, Kreuzotter, Kreis Coesfeld, 05.2012, Foto: Ulrich Schulte

Beschreibung:

Die Kreuzotter ist eine relativ schlanke Viper mit einer Gesamtlänge von durchschnittlich 50-60 cm. Maximal können über 80 cm Gesamtlänge erreicht werden, wobei die Weibchen generell länger werden und kräftiger gebaut sind als die Männchen. Ihr Kopf ist nur wenig vom Körper abgesetzt. Wie alle europäischen Giftschlangen besitzt sie senkrecht stehende Schlitzpupille und gekielte Körperschuppen. Ihre Grundfärbung ist extrem variabel und reicht von reinweiß, grau, strohgelb über orangerot bis dunkelbraun. Generell dominieren bei den Männchen Grau- und bei den Weibchen Brauntöne. Relativ häufig sind auch partiell melanotische (schwarze) Tiere. Das charakteristische und vermutlich namensgebende Zickzackband auf dem Rücken kann fehlen. Meistens sind jedoch zahlreiche Bandzacken vorhanden.

 

Gesamtverbreitung:

Neben der Waldeidechse ist die Kreuzotter das Reptil mit der größten Verbreitung weltweit. Ihr Areal reicht von England im Westen bis zur 11.000 km entfernten russischen Insel Sachalin im Osten. Im Norden dringt sie als ovovivipare Art bis nach Lappland und Nordkarelien vor, im Süden erreicht sie Griechenland. Generell überlappt das Areal der Waldeidechse sehr stark mit dem Areal der Kreuzotter.

 

Verbreitungskarte Kreuzotter – Vipera berus (Linnaeus, 1758)

Verbreitungskarte Kreuzotter – Vipera berus (Linnaeus, 1758)

Verbreitung national:

Schwerpunktmäßig ist die Kreuzotter vor allem in den Moor- und Heidegebieten des Norddeutschen Tieflands, den östlichen Mittelgebirgen und disjunkt in Teilen Süddeutschlands (Schwarzwald, Schwäbische Alb) sowie des Alpenvorlands verbreitet. Zahlreiche Vorkommen von bundesweiter Bedeutung beherbergen die Bundesländer Bayern, Thüringen und Sachsen. Hier besitzt die Art noch ein nahezu geschlossenes Verbreitungsgebiet, welches vom Bayerischen Wald über das Fichtelgebirge westlich über Thüringen bis ins östliche Hessen und östlich bis in die Niederlausitz reicht. Größere Areallücken finden sich in den rheinischen Schiefergebirgen, der Oberrheinischen Tiefebene, dem Odenwald sowie in den Neckar- und Tauber-Gäuplatten. Interessanterweise wurden auch die klimatisch potentiell geeigneten westlichen Mittelgebirge (Sauerland, Bergisches Land, Siegerland, Westerwald, Vogelsberg, Taunus, Hunsrück, Nordpfälzer Bergland, Pfälzer Wald) nie besiedelt. Hier finden Sie den Verbreitungsatlas für alle einheimischen Reptilien und Amphibien.

 

Ansprechpartner für Nachweise:

Schleswig-Holstein:
Arne Drews, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Abt. Naturschutz
Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek, Tel.: 04347-704-360
E-Mail: Arne.Drews@llur.landsh.de

Brandenburg:
Norbert  Schneeweiß, Naturschutzstation Rhinluch (Amphibien/Reptilien/Fische)
Nauener Str. 68, 16833  Linum, Tel.: +49 33922/ 902 55, Fax: +49 33922/ 902 54
E-Mail: Norbert.Schneeweiss@LUGV.Brandenburg.de

Mecklenburg-Vorpommern:
NABU Landesfachausschuss Feldherpetologie/Ichthyofaunistik
Dr. Helmut Winkler, Tel.: 0381-4986272
E-Mail: Helmut.Winkler@biologie.uni-rostock.de

Sachsen-Anhalt:
Peer Schnitter, Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
Tel.: 03 45/5704669, E-Mail: Peer.Schnitter@lau.mlu.sachsen-anhalt.de

Sachsen:
Karla Nippgen
Telefon: 0176-96503089, E-Mail: nippgen@landschaftsoekologie-moritz.de

Niedersachsen:
Andreas Jacob, Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)
Tel.: 0511/3034-3202, E-Mail: andreas.jacob@nlwkn-niedersachsen.de

Nordrhein-Westfalen:
Martin Schlüpmann, Arbeitskreis Amphibien und Reptilien NRW, Hierseier Weg 18, 58119 Hagen, Tel.: 02334 / 45812
E-Mail: herpetofauna@ish.de

Hessen:
Arbeitsgemeinschaft Amphibien- und Reptilienschutz in Hessen e. V. (AGAR)
Gartenstr. 37, 63517 Rodenbach, Tel. 06184/ 994393
E-Mail: agarhessen@arcor.de

Thüringen:
Amphibien- und Reptilienschutz in Thüringen (ART) e. V., c/o Christianna Serfling
PF 2304, 07623 Hermsdorf, Telefon: 036601-209347
E-Mail: boescha@t-online.de

Bayern:
Wolfgang Völkl, Ökologische Planung
Hohe Eiche 6 95517 Seybothenreuth. Tel.: 09275 91064
E-Mail: wolfgang.voelkl@t-online.de

Günter Hansbauer, Referat 54  Arten- und Lebensraumschutz, Bayerisches Landesamt für Umwelt
Bürgermeister-Ulrich-Str. 160, 86179 Augsburg, Tel.: (0821) 9071-5107
E-Mail: guenter.hansbauer@lfu.bayern.de

Baden-Württemberg:
Klemens Fritz, Amt für Bauen und Naturschutz
Bahnhofstraße 2-4, 79312 Emmendingen, Tel.: 07641/451-475
E-Mail: k.fritz@landkreis-emmendingen.de

 

Vipera b. berus, Kreuzotter, Deutschland, Sachsen, Johanngeorgenstadt, NSG "Kleiner Kranichsee", 25.08.2012, Foto: Andreas Nöllert

Vipera b. berus, Kreuzotter, Deutschland, Sachsen, Johanngeorgenstadt, NSG „Kleiner Kranichsee“, 25.08.2012, Foto: Andreas Nöllert

Vipera b. berus, Kreuzotter, Deutschland, Sachsen, Johanngeorgenstadt, NSG "Kleiner Kranichsee", 25.08.2012, Foto: Andreas Nöllert

Vipera b. berus, Kreuzotter, Deutschland, Sachsen, Johanngeorgenstadt, NSG „Kleiner Kranichsee“, 25.08.2012, Foto: Andreas Nöllert

Lebensräume:

Im Tiefland besiedelt die Art häufig die trockeneren Randbereiche von Feuchtwiesen und Mooren sowie Heidegebieten mit Pfeifen-grasbeständen und angrenzenden Waldgebieten. Demgegenüber findet sie in den östlichen Mittelgebirgen und im süddeutschen Raum vor allem in Waldschneisen und -lichtungen (Nadelwald), sowie auf Kahlschlägen und bewachsenen Geröllfeldern und Blockschutthalden geeignete Lebensräume. In den Alpen ist sie oberhalb der Waldgrenze auf alpinen Matten, Zwergstrauchheiden und Latschenbeständen sowie in Geröllfluren anzutreffen. Wichtig und charakteristisch für die Lebensräume und ihre Besiedlung sind starke Tag-Nacht Temperaturschwankungen, hohe Niederschläge und eine hohe Luftfeuchte sowie eine hohe Dichte an Rand-strukturen, organischem Material, sonnenexponierten Strukturen und Übergangsbereichen verschiedener Vegetationsstufen. Inner-halb eines Gesamtjahreslebensraums der Kreuzotter können Frühjahrssonnplätze, Paarungsplätze, Brutplätze, Sommerreviere, Herbstssonnplätze und Winterquartiere als Teilhabitate unterschieden werden.

 

Wissenswertes:

Kreuzottern beißen nur zur Verteidigung, wenn eine Bedrohung zu massiv wird, d.h. wenn ein Tier ergriffen, getreten oder komplett in die Enge getrieben wird. Häufig erfolgt ein erster Scheinbiss, bei dem nur rund in der Hälfte aller Fälle Gift injiziert wird. Erst bei einem zweiten oder dritten Biss wird das Gift der Otter effektiv injiziert. Die Folge sind Schmerzen, die einem Wespenstich gleichen und eine Schwellung inklusive Rötung um die Bissstelle. Die Gliedmaßen und Lymphknoten in Nähe zur Bissstelle können dabei sehr stark anschwellen und es kann zu Übelkeit, Erbrechen und Schwindel kommen. Die Wirkung der Nervengifte kann zu Herzklopfen, Krämpfen und Atemnot führen. Auch kann es zu Blutungen und teilweise zu Lähmungserscheinungen kommen.

Nichtsdestotrotz und ohne die Wirkungen eines Bisses verharmlosen zu wollen, liegt der Anteil tödlicher Vergiftungen extrem niedrig. So sind in Deutschland seit 1959 keine Todesfälle mehr bekannt geworden. Dies liegt in erster Linie daran, dass die Giftmenge (etwa 10 mg, nicht die Giftpotenz) viel zu gering ist, um bei einem erwachsenen Menschen (letale Dosis etwa 75 mg) letal zu wirken. Zudem sei darauf hingewiesen, dass Kreuzotterbisse sehr leicht durch sachgemäße Bekleidung und vorsichtiges Verhalten beim Beeren- oder Pilzsammeln vermieden werden können.

 

Gefährdung & Schutz:

Die Kreuzotter ist bundesweit eine „stark gefährdete“ Art, deren Bestände seit längerer Zeit stark rückläufig sind, dennoch ist sie keine FFH-Anhangsart. Ein Grund dafür, mag die Tatsache sein, dass bereits ein Großteil ihrer Lebens-räume (Hoch-, Zwischen- und Niedermoore, Feuchtwiesen, Borstgrasrasen) unter gesetzlichen Schutz fällt. Ein effektiver Schutz der Art ist nur durch ein flächendeckendes Biotopschutzkonzept ihrer Lebensräume zu verwirklichen.

Wichtige Gefährdungsfaktoren sind großflächige Abtorfungen in Moorhabitaten sowie Aufforstungen in der Forstwirt-schaft, die zu einem Verlust von Kahlschlagflächen führen. Dazu kommt eine zunehmende Fragmentierung von ehemals zusammenhängenden Waldgebieten und Kreuzotterpopulationen. Vorrangiges Ziel muss es sein große zusammenhäng-ende Waldgebiete zu schützen und in diesen lichte Waldstrukturen und Kahlschläge zu fördern. Zudem ist die Zunahme von Wildschweinbeständen aber auch Waschbärbeständen kritisch zu betrachten. Mäharbeiten in oder entlang von Kreuzotterlebensräumen sollten unter dem Einsatz von Balkenmähwerk oder Sense durchgeführt werden. Das gezielte Töten von Kreuzottern aus Angst und Unwissenheit ist heutzutage glücklicherweise, aufgrund von Aufklärungsarbeit aber auch aufgrund der Seltenheit der Art mittlerweile kein entscheidender Gefährdungsfaktor mehr. Allerdings gilt die Kreuzotter als sehr störungsempfindlich, selbst was bloße Beobachtungen der Art in ihrem Lebensraum angeht.

Link zum Artenschutzprojekt Kreuzotter des Bayerischen Landesamts für Umwelt

 

Literatur:

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 Text: Ulrich Schulte

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