Aspisviper
Artensteckbrief Aspisviper (Vipera aspis)
Art:
Vipera aspis, Aspisviper
Heimische Unterart(en):
Vipera aspis aspis
Fauna-Flora Habitatrichtlinie:
——
Rote Liste Status:
RL Deutschland (2009): vom Aussterben bedroht
RL BW (1999): vom Aussterben bedroht
Beschreibung:
Neben der Kreuzotter ist die Aspisviper (Vipera aspis) die zweite Giftschlangenart Deutschlands. Adulte Vipern werden selten größer als 70 cm (Maximallänge: 90 cm), wobei die Männchen in der Regel etwas länger werden als die massigeren Weibchen. Die Art zeigt eine hohe phänotypische Variabilität in Färbung und Zeichnung, selbst innerhalb einer Population. So kann die Grundfarbe zwischen einem grau, braun, beige, gelblich oder rötlich und einer Vielzahl von Farbübergängen variieren. In der Regel zeigen Aspisvipern eine charakteristische schwarze Rückenzeichnung aus zwei Reihen von alternierend stehenden dunklen Barren. Teilweise können diese Barren auch auf der Rückenmitte zu einem Band verschmelzen. Komplett schwarz gefärbte Aspisvipern finden sich vor allem im Alpenraum. Der dreieckige Kopf ist deutlich vom Körper abgesetzt und die Schnauzenspitze ist relativ deutlich aufgestülpt (im Gegensatz zur Kreuzotter). Vom Auge bis zum Hals verläuft ein oftmals dunkelbraunes Schläfenband.
Gesamtverbreitung:
Die Aspisviper ist als mediterranes Faunenelement in Nordostspanien, über große Teile Frankreichs (nördöstlich bis zur Höhe von Thionville), dem äußersten Südwesten Deutschlands (Südschwarzwald), der westlichen Schweiz, Italien und dem nordwestlichen Slowenien verbreitet.
Verbreitung national:
Baden-Württemberg beherbergt die einzigen autochthonen Aspisviper-Vorkommen in Deutschland. Das besiedelte Areal innerhalb von zwei tief eingeschnittenen Tälern im Südschwarzwald umfasst gerade einmal 2,4 km2 und ist als Reliktvorkommen einer postglazialen Ausbreitungswelle zu verstehen. Zoogeografisch handelt es sich um das nördlichste ausstrahlende Vorkommen, welches vermutlich während einer Wärmeperiode über eine Landverbindung mit den Vorkommen im nördlichen Schweizer Jura verbunden war. Heutzutage findet sich im schweizerischen Kanton Aargau gut 20 km entfernt das nächstgelegene Vorkommen. An das Saarland angrenzend finden sich im französischen Lothringen in etwa 25 Kilometer Entfernung zwischen Metz und Thionville die nächsten Vorkommen, die allerdings allesamt linksmoselig siedeln. Hier finden Sie den Verbreitungsatlas für alle einheimischen Reptilien und Amphibien.
Ansprechpartner für Nachweise:
Die Arbeitsgruppe Amphibien- & Reptilien Biotopschutz in Baden-Württemberg (ABS) führt seit etwa 1983 eine Langzeituntersuchung zu den Schwarzwälder Aspisviper-Vorkommen in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden durch.
Klemens Fritz, Amt für Bauen und Naturschutz, Bahnhofstraße 2-4, 79312 Emmendingen, Tel.: 07641/451-475, email: k.fritz@landkreis-emmendingen.de
Lebensräume:
Die Aspisviper besiedelt trockene sonnige verbuschte Kalkhänge, Block- und Geröllhalden sowie ehemalige Steinbrüche, Trockenmauerbiotope, Rebhänge, Uferböschungen und lichte gerölldurchsetzte Wälder. In den Alpen findet man sie auf strukturreichen Wiesen, Weideflächen und an Waldrändern. Im Südschwarzwald ist die Art auf sonnenexponierte Felsbänder mit Krautsäumen und Buschwerk begrenzt. Trockenwarme Block- und Geröllhalden in Traubeneichen-, Spitzahorn-Linden- und Kiefer-Eichenwäldern fern von Siedlungen sind typische Lebensräume.
Wissenswertes:
Aspisvipern können über zwanzig Jahre alt werden. Die Männchen werden mit vier bis fünf, die Weibchen mit fünf bis sechs Jahren geschlechtsreif. Paarungen finden bei der Art sowohl im Frühjahr als auch im Herbst statt (dabei werden die Spermien während der Überwinterung gespeichert). In Deutschland ist davon auszugehen, dass sich die ovovivipare Aspisviper nur alle zwei Jahre fortpflanzt, bei ungünstigen Klimabedingungen sogar nur alle drei Jahre. Das Zwischenjahr wird dabei vom Weibchen zur Anlage und Speicherung von notwendigen Fettreserven genutzt.
Gefährdung & Schutz:
Als erloschen gelten nicht komplett gesicherte potentielle Vorkommen am Grenzacher Horn bei Basel sowie bei Lörrach. Allein der sehr geringe Flächenanteil von nur 120 Hektar und die Isolation des aktuellen Vorkommens im Südschwarzwald rechtfertigt die Einordnung der Art als „vom Aussterben bedroht“ in der nationalen Roten Liste von 2009 sowie der Roten Liste der Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs. Der Bestand ist jedoch seit den 1980er Jahren seit Beginn der systematischen Untersuchungen konstant und umfasst etwa 240 adulte Vipern. Gefährdungs-faktoren für die Vorkommen sind die Beschattung der Lebensräume, die zu verändertem Mikroklima führt sowie Störungen der Lebensräume und der Population. Aktuelle Maßnahmen (Durchforstungen) der ABS dienen der Schaffung von Verbindungskorridoren die einzelne Blockhalden trennen.
Literatur:
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Zuffi, M. A. L. (2002): A critique of the systematic position of the asp viper subspecies Vipera aspis aspis (Linnæus, 1758), Vipera aspis atra Meisner, 1820, Vipera aspis francisciredi Laurenti, 1768, Vipera aspis hugyi Schinz, 1833 undVipera aspis zinnikeri Kramer, 1958. – Amphibia-Reptilia, 23(2): 191-213.
Text: Ulrich Schulte
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