Lebensräume und Verbreitung der Knoblauchkröte

Feb 6, 2007 by     Posted under: Amphib des Jahres 2007: Die Knoblauchkröte

Lebensräume

Laichgewässer und Landlebensraum

Laichgewässer und Landlebensraum, Kiesgrube Ottendorf, Sachsen

Im Osten ihres großen (kontinentalen) Verbreitungsgebietes besiedelt die Knoblauch­kröte Steppen- und Waldsteppengebiete. Der deutsche Wissenschaftler Prof. Dr. Alfred Nehring bezeichnete sie in einem 1890 erschienenen Werk sehr treffend als „Charakter­tier der subarktischen Steppen Russlands“. Im westlichen und nördlichen Teil des Areals war die Art wohl ursprünglich ein Bewohner von großen Flussauen mit Schwemmsand­bereichen, von Binnen- und Küstendünen sowie weiteren offenen und wärmebegüns­tigten Sonderstandorten. Ihre mehr oder weniger flächendeckende Ausbreitung begann mit der Auflichtung der Wälder als Folge des sich in der Jungsteinzeit (Ne­olithikum) ausweitenden Ackerbaus. Anfang des 14. Jahrhunderts war der Anteil des Offenlandes in Mitteleuropa so groß wie nie wieder in unserer Geschichte. Zu dieser Zeit könnte auch das Verbreitungsgebiet der Knoblauchkröte in Mitteleuropa seine größte Ausdehnung erlangt haben.
Heute ist die Knoblauchkröte in Mitteleuropa ein Kulturfolger und Bewohner vielfälti­ger Lebensräume „aus zweiter Hand“ in unserer Kultursteppe. Wir finden sie in Hei­degebieten, Sand- und Kiesgruben, auf Industrie- und Ackerbrachen, auf militärischen Übungsplätzen und auch inmitten städtischer Parkanlagen und Ruderalflächen. Knob­lauchkröten besiedeln landwirtschaftliche Nutzflächen wie Spargel-, Kartoffel-, Gemü­se- und Maisfelder mit leichteren Böden, aber auch Wiesen und Weiden, und selbst die z. T. schwereren Lehmböden in Zuckerrüben-Anbaugebieten werden nicht generell gemieden. In Österreich sind im landwirtschaftlich intensiv genutzten Bereich dagegen dramatische Rückgänge zu beobachten. Des Öfteren wird die Art auch in lichten und wärmeren Kiefern-Eichenwäldern gefunden.

Laichgewässer in der ausgedeichten Elbaue

Laichgewässer in der ausgedeichten Elbaue nordöstlich von Gorleben, Niedersachsen. Landhabitat sind die lehmigen Äcker in der Umgebung

Die Laichgewässer der Knoblauchkröten befinden sich zumeist in unmittelbarer Nähe ihrer Landlebensräume. Sie sind nährstoffreich, gut besonnt, zeigen eine ausgeprägte Sumpf- und Wasserpflanzenvegetation, weisen größere Freiwasserzonen auf und führen klares Wasser. Knoblauchkröten laichen beispielsweise in den Randbereichen von Wei­hern, Teichen und Seen, in Söllen, Bruchgewässern, Altwässern, Überschwemmungs­bereichen von Flüssen (Qualmwasser, Druckwasser hinter Flussdeichen), in Gewässern von Abbaugruben und in Wiesengräben. In der Slowakei und in Norditalien werden auch Reisfelder als Laichgewässer genutzt. Bemerkenswert ist die Toleranz der Art gegenüber einem relativ hohen Salzgehalt des Wassers, so dass sie beispielsweise auch die Alkali-Lacken im Gebiet des Neusiedler Sees zur erfolgreichen Fortpflanzung nutzen kann.

 

 

 

Verbreitung

Verbreitung der Knoblauchkröte weltweit

Verbreitung der Knoblauchkröte weltweit

Die Knoblauchkröte besiedelt das größte Artareal aller Schaufelfußkröten der Familie Pelobatidae. Ihr mehr oder weniger geschlossenes Verbreitungsgebiet erstreckt sich über rund 5.000 km vom östlichen Belgien und dem östlichen Teil der Niederlande nach Osten bis in das nordwestliche Kazachstan und nach Westsibirien, wo in den russischen Provinzen Sverdlovsk und Tyumen (am Fluss Tobol) die Ostgrenze des Areals erreicht wird. Die maximale Nord-Süd-Ausdehnung dieses Gebietes beträgt nahezu 2.000 km und reicht von Nord-West-Russland (Kronštadt bei St. Petersburg) und Südschweden bis in das Donautiefland zwischen Rumänien und Bulgarien bzw., davon etwas isoliert, in die Umgebung von Sofia (Bulgarien) sowie bis nach Dagestan (Russland) am Westu­fer des Kaspischen Meeres. Darüber hinaus existieren isolierte Vorkommen in Zentral-Frankreich (Argenton-sur-Creuse) sowie in der Po-Ebene (Norditalien; Norditalienische Knoblauchkröte, Peloba­tes fuscus insubricus). Ende der 1960er Jahre soll die Knoblauchkröte auch in der Um­gebung des Bosporus (Karaburun, Türkei) nachgewiesen worden sein; seitdem ist sie von diesem Fundort allerdings nicht wieder bestätigt worden.

Verbreitung der Knoblauchkröte in Deutschland

Verbreitung der Knoblauchkröte in Deutschland

In Deutschland werden vor allem der Norden und Osten sowie das nördliche Oberrhein- und das Rhein-Main-Tiefland besiedelt. Die Knoblauchkröte ist eine Art des Flach- und Hügellandes, deren höchstgelegenes (bisher bekanntes) Vorkommen in der Tschechischen Republik auf 810 m ü. NN gefun­den wurde. Auf der Balkanhalbinsel überschneiden sich die Verbreitungsgebiete der Knoblauchkrö­te und der Östlichen Schaufelfußkröte, nämlich in Nordost-Serbien (Einzugsgebiet der Großen Morava), im Donautiefland von Serbien, Rumänien und Bulgarien sowie entlang der Schwarzmeer-Küste Rumäniens und Bulgariens bis nördlich von Varna. Beide Ar­ten besiedeln hier zumindest den gleichen Landlebensraum. Eine weitere Kontaktzone könnte noch im östlichen Kaukasusvorland (Russland, Dagestan) an der Westküste des Kaspischen Meeres bestehen.

 

Verbreitung der Knoblauchkröte in Österreich

Verbreitung der Knoblauchkröte in Österreich

In Österreich liegen die Vorkommen der Knoblauchkröte im Donautal, in den Tieflagen des Ostens (Weinviertel, Wiener Becken, Kleine Ungarische Tiefebene) und Südostens (Südburgenland, Südoststeirisches Flach- und Hügelland) sowie im Granithochland des Waldviertels nördlich der Donau (mit dem höchsten Fundort in 625 m ü. NN). Damit ist die Art in den Bundesländern Ober- und Niederösterreich, Wien, Burgenland und Steier­mark heimisch; sichere Funde für Kärnten stehen aus. In mehrfacher Hinsicht steht der Name Wien mit dem der Knoblauchkröte in Verbin­dung. Einmal ist Wien der typische Fundort (Terra typica) der Knoblauchkröte; von da beschrieb sie LAURENTI im Jahr 1768 für die Wissenschaft. Zum anderen entstand in den Jahren 1987 bis 1997 an der Universität Wien eine ganze Reihe von Dissertationen und Diplomarbeiten, welche die Populationsökologie dieses Froschlurches auf der Wiener Donauinsel untersuchten.

 

Textquelle: Aktionsbroschüre 2007: Die Knoblauchkröte (download)

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