Kompensationskonzepte für Umbaumaßnahmen an Bahndämmen zum Schutz der Ringelnatter

Nov 7, 2012 by     Posted under: Geförderte Projekte 2012

Projektdurchfrühung: Jan Schulze Esking & Prof. Dr. Hermann Mattes:
Fördersumme: 1.600 Euro

Orginaltitel:

Radiotelemetrische Freilandstudie an einer Bahndamm-Population der Ringelnatter zur Entwicklung eines nachhaltigen Schutz- und Kompensationskonzeptes bei Eingriffen und Umbaumaßnahmen

Aggressives Ringelnatterweibchen mit abgeflachtem; Kopf Foto: J. Schulze Esking

Aggressives Ringelnatter-weibchen mit abgeflachtem; Kopf Foto: J. Schulze Esking

Die Ringelnatter (Natrix natrix) ist mit Abstand die häufigste Schlangenart im Bundesgebiet. Da es sich bei Ringelnattern jedoch um sehr scheue und heimlich lebende Tiere handelt, ist es nicht verwunderlich, dass immer noch sehr viele offene Fragen zur Ökologie und Lebensweise der Art existieren. Im Jahre 2010 bekam ich die Möglichkeit, im Rahmen meiner Diplom-Arbeit eine im Süden von Münster vorkommende Population dieser hochinteressanten Reptilien zu untersuchen. Ziel dieser ersten Untersuchung war es, mehr Informationen zur Ökologie und zu den Verhaltensweisen der Ringelnatter zu generieren. So standen die Größe der jeweils genutzten Habitate, die Verhaltensweisen in Stresssituationen, die Größe der Gesamtpopulation und das Nahrungsspektrum im besonderen Fokus der Untersuchung. Während der dreimonatigen Untersuchung gelangen mir 135 Ringelnatterfänge. Anhand von Mark-Recapture-Analysen konnte ich die Populationsgröße bestimmen: Es stellte sich heraus, dass es sich vermutlich um die größte Population Nordrhein-Westfalens mit deutlich über 700 Individuen handelt. Im Jahre 2011 gelangen weitere 195 Fänge. Daher muss die Zahl der Individuen vermutlich noch deutlich nach oben korrigiert werden. Durch die eingesetzte Technik der Radiotelemetrie konnte ich außerdem feststellen, dass ein durch das Untersuchungsgebiet verlaufender Bahndamm von den Schlangen zur Thermoregulation genutzt wird und somit ein wichtiges Teilhabitat darstellt.

Röntgenaufnahme einer Ringelnatter

Röntgenaufnahme einer Ringelnatter

Der Bahndamm wurde von den Ringelnattern bevorzugt während der Verdauung und Häutung frequentiert. Bei der Frage nach der Gefährdung dieser Population handelt es sich um ein Thema von hoher Aktualität. Der zweigleisige Ausbau und die Ertüchtigung der Strecke für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h wurde in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen und in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ eingestuft. Somit würde ein Umbau der Bahnstrecke ohne geeignete Kompensationsmaßnahmen eine extreme Gefährdung der Ringelnatterpopulation darstellen – die direkten Ausfälle durch den Eingriff noch nicht einmal mit einbezogen. Auf dem Bahndamm kommen ebenfalls große Populationen der Waldeidechse und der Blindschleiche vor, die von dem geplanten Eingriff ebenso betroffen wären. Im letzten Jahr konnte ich innerhalb weniger Monate auf einer Strecke von 2 km auf dem Damm knapp 400 Blindschleichen und ca. 150 Waldeidechsen dokumentieren. Ziel der weiteren nun im Rahmen des Hans-Schiemenz-Fonds der DGHTgeförderten Untersuchung ist es daher, die Struktur des Bahndammes und die Raumnutzung der Reptilien mittels Radiotelemetrie zu untersuchen, um wirksame Schutzmaßnahmen entwickeln zu können, die bei einem Umbau dieses Bahndammes und allgemein bei Eingriffen am Schienennetz zum Einsatz kommen können.
Die Unterstützung des Projektes durch den Fonds ermöglicht die Anschaffung der speziellen implantierbaren Sender. Für diese Unterstützung möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken. Die Sender werden von der erfahrenen Reptilien-Tierärztin Frau Dr. Heidbrink aus Münster in ausgewählte Exemplare der Ringelnatter eingesetzt. Nach einer Dauer von 8–9 Monaten werden sie wieder entnommen. Die Sender ermöglichen es, die Tiere jederzeit zu lokalisieren und deren Aufenthaltsort, Aktivität oder Ruhephasen sowie Häutungs- und Verdauungsphasen zu dokumentieren. Dies ermöglicht die Bestimmung der Raumnutzung mit den Vorzugsbereichen der Ringelnatter sowie allgemeiner genutzter Strukturen. Aus diesen Informationen sollen dann Kompensationsmaßnahmen abgeleitet werden, die zu einem längerfristigen Schutz der Population während und nach Abschluss der Bauphase führen.

Autor: Jan Schulze Esking

Dieser Artikel wurde veröffentlicht in der DGHT-Mitgliederzeitschrift: Terraria/elaphe: 5-2012

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