Artenschutzmaßnahme für die Gelbbauchunke

Dez 18, 2012 by     Posted under: Geförderte Projekte 2011

Projektdurchfürhung: Frank Behrend
Fördersumme: 1.500 Euro Originaltitel:

Artenschutzmaßnahme für die in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedrohte Gelbbauchunke (Bombina variegata)

Namensgebende Bauchseite der Gelbbauchunke

Namensgebende Bauchseite der Gelbbauchunke

Hintergrund
Die ursprünglichen Lebensräume der Gelbbauchunke (Bombina variegata) sind in Bachauen, Feuchtwiesen sowie in Wäldern mit wasserstauenden Böden zu suchen. Die Art besiedelt die im Zuge von dynamischen Prozessen (Windwurf, Überschwemmung) entstandenen temporären Kleingewässer. Außerdem bewohnt sie Quellmoore und Sümpfe. Generell sind viele Vorkommen der Gelbbauchunke in Waldnähe zu finden. Große und lange existierende Vorkommen sind alle an historisch alte Wälder geknüpft. Da die Tiere den größten Teil ihrer Aktivitätsphase direkt im oder am Wasser verbringen, ist davon auszugehen, dass der Wald vornehmlich als Überwinterungshabitat dient. Nahezu alle aktuell bekannten Vorkommen sind allerdings nicht mehr in Primärhabitaten zu finden, sondern in Sekundärlebensräumen, vor allem Steinbrüchen. Die Gelbbauchunke ist damit vor allem von der Bewirtschaftungsweise der Steinbruchunternehmen und der Waldbewirtschaftung abhängig. In den vergangenen 30 Jahren büßte sie zahlreiche Vorkommen ein und gilt derzeit zusammen mit der Knoblauchkröte als die am stärksten gefährdete Amphibienart in Nordrhein-Westfalen und als vom Aussterben bedroht (Rote Liste NRW 1). Die bekannten rezenten Vorkommen beschränken sich vor allem auf wenige Regionen wie z. B. den Kreis Aachen, den Kreis Düren, den Rhein-Sieg-Kreis, die Stadt Bonn oder den Rheinisch Bergischen Kreis. Die Verbreitungs karte täuscht etwas darüber hinweg, dass die Populationen innerhalb der Verbreitungsschwerpunkte meist isoliert liegen und oft nur aus wenigen Individuen bestehen.

Die Situation in Bonn
In Bonn kommt die Gelbbauchunke derzeit an sechs Stellen im Waldbereich des Siebengebirges vor, die zu fünf Vorkommen zusammengefasst werden können. Alle Vorkommen sind auf kleinflächige Offenlandbereiche beschränkt, die als weitgehend isoliert anzusehen sind, da der Wald derzeit nur wenig besonnte, feuchte Lichtungen und damit Trittsteinhabitate bietet. In allen Fällen wären eine Ausweitung des Offenlandhabitates und eine Zunahme der Anzahl der Gewässer wünschenswert. Das südlichste Vorkommen der Gelbbauchunke im Stadtgebiet von Bonn befindet sich auf einem privaten Grundstück am Waldrand. Seit einigen Jahren wird von uns dort der Garten zum Schutz der darin vorkommenden, aus der Umgebung eingewanderten oder schon früher vorhandenen zwölf Amphibien- und Reptilienarten optimiert: Gelbbauchunke, Geburtshelferkröte, Kammmolch, Teichmolch, Bergmolch, Wasserfrosch, Grasfrosch, Erdkröte, Feuersalamander, Blindschleiche, Zauneidechse und Ringelnatter finden dort einen Lebensraum. Zu den entsprechenden Arbeitsmaßnahmen gehört u. a. die Anlage von ca. 25 großen und kleinen Gewässern. Dadurch wurde die Population der Gelbbauchunke bereits gefördert, so dass sie zur Zeit mehr als hundert Tiere umfasst und in jedem Jahr große Fortpflanzungserfolge zu verzeichnen sind. In direkter Nachbarschaft befindet sich ein kleiner ehemaliger Basaltsteinbruch im Besitz der Stadt Bonn, der in der Vergangenheit als wilde Müllabladestelle zweckentfremdet wurde und der Sukzession anheimgefallen ist. Dieses Gebiet wäre als Gelbbauchunken-Lebensraum bestens geeignet.

Ausformen der einzelnen Gewässer

Ausformen der einzelnen Gewässer

Bisherige Maßnahmen
Da die Stadt Bonn eine besondere Verantwortung für den Erhalt einiger der wenigen verbliebenen Vorkommen der Gelbbauchunke hat, ist es angesichts der akuten Bedrohungssituation in Nordrhein-Westfalen notwendig, jedes Vorkommen gezielt durch geeignete Maßnahmen zu stützen. Diese sollten die Lebensraumsituation der Tiere über einen längeren Zeitraum, z. B. durch die Anlage und Pflege von Kleinstgewässern, verbessern. Wichtig ist, dass die Tiere an jedem Vorkommen mehrere unterschiedliche Bereiche mit einer größeren Zahl von Gewässern zur Verfügung haben, um das Aussterberisiko zu minimieren. Ziel des Gesamtprojektes ist es, den Lebensraum der Gelbbauchunke in den Steinbruch hinein zu erweitern, so dass die Population wachsen kann und ihr Fortbestand auch in Zukunft besser gesichert ist. Dabei soll die Verantwortung auch z. T. der öffentlichen Hand übertragen werden. Auf unser Bemühen hin hat die Stadt Bonn in den vergangenen Jahren in dem Gebiet einzelne Maßnahmen durchgeführt. So wurde 2008 der ehemalige Steinbruch zunächst entbuscht. Im Februar 2010 wurde dann der abgelagerte Müll entfernt. Darüber hinaus wurde versucht, mehrere Kleinstgewässer für die Gelbbauchunke anzulegen. Da die Tiere durch den Regen und das frische Wasser in den Mulden zum Ablaichen animiert wurden, waren die Gewässer mehrfach mit Laich und Kaulquappen besetzt. Diese trockneten jedoch

sämtlich aus. Das frühzeitige Austrocknen war nicht auf mangelnde Regenfälle oder zu hohe Temperaturen zurückzuführen, sondern

durch das verwendete Material bedingt. Es wurde versucht, ohne ein spezielles Abdichtungsmaterial zu arbeiten, und der verwendete sandige Lehm war nicht ausreichend Wasser haltend. Die Kapillarwirkung war so groß, dass das Wasser aus den Wasserflächen „herausgesaugt“ und über mehrere Meter hinweg in die umgebende Bodenfläche verteilt wurde.

Bericht über die durchgeführten Maßnahmen
Ziel der aktuellen Maßnahme war die Optimierung der von der Stadt Bonn begonnenen Arbeiten und damit die Schaffung eines großen Angebotes an geeigneten Laichgewässern sowie die Entfernung von Schatten werfenden Gehölzen. Hierbei wurde das Hauptaugenmerk auf die Anlage von 34 besonnten Kleinstgewässern speziell für die Gelbbauchunke gerichtet. Da von den Anwohnern zuvor Bedenken gegen eine mögliche „Schallemission“ durch laut rufende Amphibienarten wie z. B. Wasserfrösche oder Geburtshelferkröten geäußert wurden, mussten die Gewässer eine maximale Tiefe von 30 cm aufweisen und durften eine Fläche von circa 3 m² nicht überschreiten.

Schritt 1: Auffüllen der Bodensenke mit Kies
Um einen stabilen Aufbau zu gewährleisten, wurde die Bodensenke mit 0/32er Kies aufgefüllt, der mit einer Schaffußwalze und einer Rüttelplatte verdichtet wurde. Insgesamt waren 120 m³ Kies notwendig.

Schritt 2: Einbringen der dichtenden Schicht aus Dernoton
Abschnitts- und lagenweise wurde das tonhaltige Dichtmaterial Dernoton aufgetragen und mit einer Rüttelplatte komprimiert. Die Arbeiten wurden zusätzlich auch von der Herstellerfirma Dernbach begutachtet. Zur Abdichtung wurden 100 Tonnen Dernoton verwendet.

Schritt 3: Einbringen der Abdeckschicht
Als Oberflächenmaterial wurde ein magerer, leicht sandiger Rohton aus dem Raum Bonn gewählt, der zur Verarbeitung zunächst in kleine Stücke gebrochen werden musste. Diese wurden dann in einer 10 cm dicken Schicht aufgebracht und mit der Rüttelplatte verdichtet. Diese Schicht verhindert die Erosion der Dernotonschicht und schützt sie vor mechanischen Beeinträchtigungen.

Schritt 4: Gestaltung der Gewässersohlen
Auf die durchgehende 10 cm dicke Abdeckschicht wurde eine weitere 30 cm dicke Schicht aus dem gleichen Tonmaterial aufgebracht, in die die eigentlichen Gewässersohlen ausgeformt wurden.

Schritt 5: Einrichtung der Wasserzufuhr
Um gegebenenfalls zu starkem Wasserverlust in den Tümpeln während des Sommers vorzubeugen, kann der Fläche über den Überlauf eines Brunnens, der sich auf unserem Grundstück befindet, Wasser zugeführt werden. Um der Erosion an der künstlichen Böschung vorzubeugen, wurde diese mit 5 t Basaltschotter befestigt. Außerdem wurde eine regelbare Überleitung für das Brunnenwasser geschaffen.

Schritt 6: Sicherung des Geländes
Um das Betreten der Fläche durch Kleinkinder zu verhindern und eine damit verbundene Ertrinkungsgefahr auszuschließen, wurde die Fläche z. T. mit einem 1 m hohen Zaun aus Knotengeflecht umgeben. Um Hunden ebenfalls keinen Zugang zu ermöglichen, wurde das Knotengeflecht 30 cm tief in die Erde eingegraben.

Situation Ende April 2011
Die Gewässer haben trotz anhaltender Trockenheit ihren Wasserstand nahezu gehalten, die Abdichtung funktioniert also sehr gut. Mehrere Gelbbauchunken wurden bereits in den Gewässern gesichtet, sodass mit einer zügigen Annahme des neuen Lebensraumes gerechnet werden kann.

Spenden für das Projekt
Wenn Sie das Gelbbauchunkenprojekt in Bonn mit einer Spende unterstützen möchten, können Sie dies gerne tun. Spendenkonto: 32 169, Sparkasse KölnBonn, Bankleitzahl 370 501 98, Kontoinhaber: Biologische Station Bonn, Stichwort „Gelbbauchunke“ Die Biologische Station Bonn ist ein eingetragener und als gemeinnützig auf dem Gebiet des Umwelt- und Naturschutzes anerkannter Verein. Alle Spenden – auch Sachspenden – sind daher steuerlich absetzbar. Auf Wunsch wird eine Spendenquittung ausgestellt.

Autoren: Dagmar & Frank Behrend und Peter Schmidt

Artikel wurde veröffentlicht in der DGHT-Mitgliederzeitschift: elaphe 2-2011 

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